Synthetische Kraftstoffe aus erneuerbaren Energien sind notwendig, um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen. Die sogenannten reFuels versprechen eine bis zu 90-prozentige CO₂-Reduktion gegenüber herkömmlichen Treibstoffen. Um den auch zukünftig bestehenden Bedarf im Schwerlast-, Flug- und Schiffsverkehr sowie für die Grundstoffversorgung der chemischen Industrie zu decken, werden entsprechende industrielle Anlagen benötigt, bei den auch Armaturen eine wichtige Funktion einnehmen.
Ein Beitrag von Michael Vehreschild.
Wie viel reFuels tatsächlich benötigt werden und wie die Grünen Raffinerien der Zukunft beschaffen sein müssen, um sie zuverlässig bereitzustellen, wollen Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und ihre Partner jetzt im Projekt REF4FU herausfinden.
Benötigt wird Grünes Rohöl
„Flüssigkraftstoffe werden auch bei zunehmender Elektromobilität im Verkehrssektor noch lange benötigt“, sagt Professor Nicolaus Dahmen vom Institut für Katalyseforschung und -technologie (IKFT) des KIT, der das Projekt „Refineries for Future“ (REF4FU) leitet. Denn: „Nur 60 Prozent des Kraftstoffs fließt heute in den individuellen Autoverkehr.“ Wer vom Verbrenner-Aus spreche, rede folglich nur von Pkw-Motoren. Deswegen gehe es jetzt im Projekt darum, vollständig erneuerbare Kraftstoffe für alle Verkehrsbereiche zu entwickeln, zu erproben und zu standardisieren, die auch von den Fahrzeugen der Bestandsflotte auf der Straße, auf dem Wasser und in der Luft verwendet werden können.
Ausgangspunkt sind nachhaltig erzeugter Wasserstoff, Pyrolyseöl aus Bioreststoffen wie Stroh oder Restholz, Methanol aus erneuerbaren Rohstoffen und Fischer-Tropsch-Öl, das grünem Rohöl entspricht. „Der Vorteil ist, dass diese Produkte transportiert, gelagert und gehandelt werden können wie heute Erdöl“, erläutert Dahmen. Darüber hinaus werde grünes Rohöl auch in der Chemieindustrie gebraucht, etwa zur Herstellung von Kunststoffen.
Szenarien für Markthochlauf
Hergestellt werden reFuels bereits, allerdings noch im vorindustriellen Maßstab: „Es gibt schon entsprechende Verfahren und auch große Versuchsanlagen, die technisch ausgereift sind und bereits tonnenweise synthetischen Treibstoff produzieren“, sagt Dahmen. Unklar ist, wie die Kraftstoffe auf den Markt und damit zu den Kunden kommen sollen. „Wir können uns zum Verkauf ja nicht einfach mit einem Fass an den Straßenrand stellen“, sagt Dahmen.
Um also herauszufinden, wann und wo welche Mengen synthetischen Benzins, Diesels oder Kerosins gebraucht werden, arbeiten die Forschenden mit Szenarien. Dabei berücksichtigen sie etwa die politischen Ziele bezüglich Elektrifizierung des Autoverkehrs oder die zu erwartende Entwicklung in den verschiedenen Verkehrssektoren. „Demnach wird Benzin wahrscheinlich als erstes vom Markt
verschwinden“, glaubt Dahmen. Das wiederum wird Auswirkungen auf die Auslegung zukünftiger Produktionskapazitäten haben.
Das vom KIT koordinierte Verbundvorhaben REF4FU wird mit rund 7 Millionen Euro vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert. Neben Instituten des KIT (IKFT, IMVT, EBI-ceb, IFKM, IIP) sind Partner das DLR — Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, das Deutsche Biomasse-Forschungszentrum (DBFZ), die Technische Universität Bergakademie Freiberg sowie der Chemieanlagenbau Chemnitz, die BASF, EDL Anlagenbau sowie Ineratec; die Raffinerie MiRO, Porsche und ASG sind assoziierte Partner. Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt.
Fortschrittliche Biokraftstoffe und E-Fuels in den Startlöchern
Technologien wie auf Reststoffen basierende fortschrittliche Biokraftstoffe und auf Basis erneuerbaren Stroms hergestellte E-Fuels stehen in den Startlöchern, bei Luftfahrt und Schifffahrt fehlt derzeit aber noch der notwendige regulatorische Rahmen. „Jetzt hat sich unsere Branche europaweit zu Klimaneutralität bis 2050 verpflichtet. Technisch ist das möglich, und zwar Ausdrücklich in Ergänzung, nicht als Alternative zur Elektromobilität, unter anderem mit grünem Wasserstoff aus Ökostrom, mit fortschrittlichen Biofuels und mit klimafreundlichen synthetischen Kraftstoffen, den E-Fuels“, erklärt Prof. Dr. Christian Küchen, Hauptgeschäftsführer des Wirtschaftsverbandes Fuels und Energie e.V. (en2x). Die Produktion könne allerdings nur dann aufgenommen und die Klimaziele könnten nur dann erreicht werden, wenn die Politik das Vorhaben unterstütze, so wie sie es etwa bei Windrädern oder E-Autos tue.
Grüne Elektronen und grüne Moleküle
Die Erneuerung von Raffinerieanlagen trägt laut Küchen über geringere Emissionen maßgeblich zum Umwelt- und Klimaschutz bei. „Die Verarbeitung neuer Rohstoffe – insbesondere aus nachwachsenden Quellen – bringt zukünftig eine Änderung der in den Raffinerien verarbeiteten Komponenten mit sich. Dabei muss sichergestellt sein, dass Ventile, Messgeräte und Dichtungen auch den geänderten Eigenschaften standhalten.“ Somit sind sie Teil der permanenten Effizienzsteigerung.
Der Verband en2x hat europaweit die Initiative „Clean Fuels for All“ gestartet: „Für uns gibt es keinen Weg zurück zur alten Welt rein fossiler Kraft-, Treib- und Brennstoffe. Wir können einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung des Null-Emissions-Ziels leisten und sind überzeugt, dass dieses Ziel nicht ohne CO₂-arme flüssige Energie zu erreichen ist“, erläutert Küchen. Es gebe auch ganz praktische Erwägungen: Elektro-Akkus sind für Flugzeuge und Hochseeschiffe zu schwer oder lassen nur sehr eingeschränkte Reichweiten und kleine Ladungen zu. „Wir brauchen daher nicht nur grüne Elektronen, wir werden auch in erheblichem Umfang grüne Moleküle benötigen.“
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