Beim Windenergieausbau an Land setzte sich laut VDMA 2023 der Aufwärtstrend fort. Gleichzeitig fordert der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE), Speicher für eine notwendige Flexibilität weiter zu stärken. Damit die Transformation schnell und gut gelingt. Perspektiven, die auch die Armaturenbranche aufmerksam beobachtet – und für sich und die Energiewende nutzen könnte.
Im Gesamtjahr 2023 wurden in Deutschland 745 Windenergieanlagen (WEA) an Land mit 3.567 Megawatt (MW) installierter Leistung errichtet. Dies ist das Ergebnis der Auswertung der Deutschen WindGuard im Auftrag von BWE und VDMA Power Systems. Damit wurde die Prognose der beiden Verbände, die mit 2,7 bis 3,2 Gigawatt (GW) angegeben wurde, sogar übertroffen. Der Bruttozubau 2023 liegt damit 48,3 Prozent über dem Vorjahreszubau von 2.405 MW. Der Gesamtbestand erhöht sich auf 28.677 WEA mit einer kumulierten Leistung von rund 61.000 MW.
Spitzenwerte bei Neugenehmigungen
„Wir sehen im vergangenen Jahr Spitzenwerte bei den Neugenehmigungen ebenso wie bei den Zuschlägen. Bund und Länder müssen jetzt gemeinsam an einem Strang ziehen, um diese positiven Entwicklungen zu verstetigen“, erklärt Bärbel Heidebroek, Präsidentin Bundesverband WindEnergie (BWE). Der insgesamt erfolgreiche Hochlauf der erneuerbaren Energien müsse mehr sein als nur die Reaktion auf externe Krisen. „Es braucht einen gesetzlichen Rahmen, der langfristig, auch über diese Legislaturperiode hinaus, Klarheit und Planbarkeit schafft. Dann kann die Windenergiebranche auch ihr volles Potenzial als treibender Wirtschaftssektor entfalten, Arbeitsplätze in Deutschland sichern und zu einer sicheren und sauberen Energieversorgung beitragen.“
Dr. Dennis Rendschmidt, Geschäftsführer VDMA Power Systems: „Der deutliche Aufwärtstrend stimmt positiv, dennoch ist es bisher nicht gelungen, die ambitionierten politischen Ziele mit der Realität in Einklang zu bringen. Dies wird deutlich durch die Tatsache, dass im Jahr 2023 von einem Ausschreibungsvolumen von 12,8 Gigawatt, nur etwa die Hälfte tatsächlich bezuschlagt werden konnte.“ Die Zubaulücke müsse jetzt über mehr Projekte – schnellere Genehmigungen, mehr Flächen und den Abbau von Realisierungshürden – reduziert werden. „Hierfür müssen insbesondere auf Landesebene Umsetzungsfragen gelöst werden.“
Pakt für Beschleunigung schnellstmöglich umsetzen
Die Verbände mahnen daher die möglichst schnelle Umsetzung weiterer, bereits angekündigter Maßnahmen zur Beschleunigung des Ausbaus der Windenergie an. „Bund und Länder haben sich im November 2023 im Rahmen des Pakts für Beschleunigung auf ein umfassendes Maßnahmenpaket geeinigt. Diese Beschlüsse müssen nun schnellstmöglich, am besten noch im ersten Quartal dieses Jahres, in Gesetze gegossen werden“, fordert Bärbel Heidebroek. Im vergangenen Jahr wurde ein Volumen von 7.504 Megawatt neu genehmigt. Um dieses möglichst reibungslos realisieren zu können, müssten jetzt die Weichen gestellt werden. „Dazu zählen insbesondere planbare und einheitlichere Anforderungen im Bereich der Transportgenehmigungen, die derzeit Projekte verzögern und die Projektrealisierung massiv erschweren.“
Stärkung des Windindustriestandorts Europa
Angesichts des ungleichen internationalen Wettbewerbsumfelds drängen die Verbände zudem darauf, den Industriestandort Europa weiter zu stärken und resilienter aufzustellen. Das im EU-Net Zero Industry Act angelegte politische Ziel einer souveränen europäischen Windindustrie sei richtig. „Die deutschen und europäischen Hersteller finden sich in einem ungleichen Wettbewerb mit weitgehend staatlich unterstützten Unternehmen aus China und über den Inflation Reduction Act großzügig bezuschussten Playern aus den USA wieder. Es braucht ein Level Playing Field, um in diesem Umfeld bestehen zu können“, betont Dr. Dennis Rendschmidt. Grundvoraussetzung dafür sei ein europäischer Rahmen, der die Nachfrage stabilisiert, einen Wettbewerb auf Augenhöhe in Europa insbesondere gegenüber Marktakteuren mit ungleichen Voraussetzungen gewährleiste und die Skalierung der Produktion stärkt. „Für das wettbewerbliche Gleichgewicht in der Windindustrie ist es wesentlich, dass europaweit verbindliche Präqualifikationskriterien, die zur Resilienz beitragen, verankert werden.“
Prognose Deutschland und Welt
Für das Jahr 2024 prognostizieren die Verbände bei unveränderter Realisierungsgeschwindigkeit einen zu erwartenden Zubau in Höhe von mehr als 4 GW. Der Global Wind Energy Council (GWEC) rechnet in seiner aktuellen Prognose mit einem weltweiten Onshore-Zubau von rund 105 GW für das Jahr 2024. Für den Zeitraum von 2024 bis 2027 wird ein weltweiter Onshore-Zubau von 465 GW prognostiziert. China (241 GW), Europa (87 GW) und die USA (50 GW) werden in diesem Zeitraum laut GWEC die größten Wachstumsmärkte für Windenergie an Land sein.
Auch der Photovoltaik-Zubau in Deutschland macht Fortschritte. Insgesamt stieg laut Solarserver die Gesamtleistung aller PV-Anlagen in Deutschland per Ende 2023 auf brutto 81,8 GW. Das entspricht einer Verdoppelung seit 2016. Den stärksten Zubau 2023 gab es in Bayern mit 3,64 GW vor NRW mit 2,13 GW, Baden-Württemberg mit 1,89 GW und Niedersachsen mit 1,40 GW. Unverzichtbar für den Ausbau sind auch Armaturen.
Speicher als Korrektiv
Ein wichtiger Aspekt der Energiewende sind auch Stromspeicher, die die notwendige Flexibilität ermöglichen. Zur geplanten Stromspeicher-Strategie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) Stellung bezogen: Der BEE begrüßt die Strategie, fordert aber umfassende Konkretisierungen im Rahmen einer Gesamtstrategie. „Mit der Speicherstrategie liegt nun ein Papier vor, das die geplanten Maßnahmen der Bundesregierung zum notwendigen Ausbau der Stromspeicherkapazitäten und deren Systemintegration zusammenführt“, so BEE-Präsidentin Dr. Simone Peter.
Die Vorschläge zeigten grundsätzlich in die richtige Richtung, bedauerlich sei aber, dass vieles im Vagen bliebe. Auch konkrete Zuständigkeiten und Zeitpläne ließe das Dokument vermissen. Größten Nachbesserungsbedarf sieht der BEE bei Maßnahmen für einen innovativen und vielfältigen Einsatz von Speichern. „Speicher können im Energiesystem als Flexibilitätsoption verschiedene wichtige Aufgaben übernehmen. Dazu zählen beispielsweise die Eigenverbrauchsoptimierung oder die Erbringung von Systemdienstleistungen“, so Peter. „Dabei kann ein Speicher mehrere Funktionen gleichzeitig erfüllen. Die Stromspeicherstrategie muss das anerkennen, Ausschließlichkeitsanforderungen oder andere Beschränkungen sind aufzuheben.“ Betriebswirtschaftlichkeit und Investitionssicherheit seien entscheidend, um den Ausbau der Energiespeicher voranzutreiben.
BEE: Vereinfachungen auch für Speicher
Wichtig für den Ausbau von netz- und systemdienlichen PV-Speicher- und Wind-Speicher-Anlagenkombinationen seien ausreichende Höchstwerte bei den Innovationsausschreibungen sowie getrennte Ausschreibungen für Wind und PV: „Unterschiedliche Kostenstrukturen bei Wind-Speicher-Kombinationen erfordern separate Ausschreibungen mit angepassten Volumina und Höchstwerten“, so Peter. „Damit alle EE-Speicher-Kombinationen Systemdienstleistungen erbringen können, sollte außerdem der Strombezug aus dem Netz erleichtert werden.“
Die bürokratischen und prozessualen Vereinfachungen, die es für Erneuerbare Energien-Anlagen gibt, müssten automatisch auch für Speicher gelten: „Speicher sind ein unverzichtbarer Teil des künftigen Energiesystems. Ihr Ausbau sieht sich zum Teil ähnlichen Hürden gegenüber wie der Ausbau der Erneuerbaren, beispielsweise beim Wegenutzungsrecht oder dem Netzanschluss. Unterschiedliche Regelungen ergeben daher keinen Sinn“, so Peter abschließend.
Speicher werden grundsätzlich für die Energiewende notwendig werden, wozu beispielsweise auch Wärmespeicher, Kavernentanks und Lagertanks gehören. Es gilt, Schwankungen auszugleichen – etwa in Zeiten von Überproduktion im windreichen Herbst bzw. sonnigen Sommermonaten oder bei Dunkelflauten im Winter. Außerdem sind Wasserstoff oder andere grüne Gase sicher zu speichern.
Kavernenspeicher auch für Einlagerung von Wasserstoff
Und es ist einiges in Bewegung, etwa bei unterirdischen Kavernenspeichern – insbesondere in der Mitte Deutschlands. EWE erprobt an seinem Gasspeicher in Huntorf, wie sich bestehende Gasspeicher für die Einlagerung von Wasserstoff nutzen lassen. In Rüdersdorf bei Berlin wird die bedarfsgerechte Speicherung von reinem Wasserstoff erprobt.
In Nordwestniedersachsen möchte Storag Etzel einen neuen Kavernenspeicher für Wasserstoff in Nordwestniedersachsen bauen. Dafür erkundet der Speicherbetreiber den Salzstock Jever-Berdum im Gebiet der Landkreise Wittmund und Friesland. Denn der Wasserstoffverbrauch für Industrie und Haushalte wird laut Storag Etzel für das Jahr 2030 auf rund 71 TWh eingeschätzt. Zudem geht man bereits im Jahr 2030 von einem großvolumigen Speicherbedarf von 5 TWh Wasserstoff aus – zusätzlich zum Erdgas.
Armaturen für anspruchsvolle Umgebungen
„Betrachtet man die jüngst veröffentlichten Langzeitszenarien der Bundesregierung für den zukünftigen Energiebedarf und -verbrauch bis 2045, wird deutlich, dass Speicher für 42 TWh Wasserstoff fehlen und somit die gesamtgesellschaftliche Aufgabe der Energiewende nur bei einem gleichzeitigen Ausbau weiterer belastbarer Speicherlösungen erfüllt werden kann“, erläutert Storag Etzel.
Es gibt also noch vieles zu planen und auszubauen. Für die Realisierung sind Qualitätsarmaturen unverzichtbar. Sie werden etwa zur Druckregelung, Druckabsicherung und Fahrwegssteuerung eingesetzt. Beim Öffnen und Schließen von Absperrarmaturen kommt es zudem zu hohen Strömungsgeschwindigkeiten. Die im Medium mitgeführten Verunreinigungen treffen mit extremer Geschwindigkeit auf den Dichtungsbereich der Armatur und fordern die Komponente heraus. Investitionen der Ventilbranche in Speicherungen können also durchaus lohnend sein, denn die Energiewende ist in vollem Gange und soll zukünftig noch mehr Tempo aufnehmen.
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