Alle reden von Windenergie, Photovoltaik und Wasserkraft – Biomasse führt dagegen als ein Mosaikstein zur Erreichung von Klimaschutz in der öffentlichen Diskussion eher ein Schattendasein. Was manche Experten bedauern. So fordert etwa „en2x“, der deutsche Wirtschaftsverband Fuels und Energie, Biomasse als wichtigen Baustein verstärkt zu nutzen. Auch wenn hier also noch viel Luft nach oben ist – es entstehen immer mehr Biomassekraftwerke, deren Betreiber sich wiederum auf die Armaturenbranche als Zulieferer verlassen können. Denn sie ist gut gerüstet für den Biomassemarkt.
Das zur Verfügung stehende Potenzial von Biomasse wird noch nicht ausreichend genutzt, darauf hat Prof. Christian Küchen, Hauptgeschäftsführer en2x – Wirtschaftsverband Fuels und Energie, anlässlich des Kongresses „Kraftstoffe der Zukunft 2025“ in Berlin hingewiesen. Um in neue Technologien in großem Stil investieren zu können, seien jedoch Änderungen am Regelwerk erforderlich.

Geringfügige Anpassungen bei Raffinerien
Küchen verweist auf eine Analyse einschlägiger Studien vom Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ) im Auftrag von en2x: Durch die Nutzung beispielsweise biogener Abfälle und Reststoffe aus der Landwirtschaft wäre der Ersatz von Mineralölprodukten in großem Umfang möglich. „Dabei kann die bestehende Infrastruktur bestehen bleiben“, so Küchen. „Bereits heute sind Raffinerien mit geringen Anpassungen in der Lage, derartige erneuerbare oder recycelte Rohstoffe mitzuverarbeiten und so größere Mengen CO₂-armer Produkte herzustellen.“ Dieses sogenannte Co-Processing, die gemeinsame Verarbeitung von fossilen und erneuerbaren Rohstoffen, müsse auch in Deutschland umfassend ermöglicht werden. Wichtig sei dabei, die erneuerbaren Rohstoffanteile flexibel solchen Raffinerieprodukten wie Kraftstoffen zurechnen zu dürfen, für die gesetzliche Klimaschutzanforderungen zu erfüllen sind.
Hohe Investitionen in neue Technologien
Bislang werden in Deutschland vor allem Anbaubiomasse wie Raps und Mais sowie Altspeisefette als biogene Rohstoffe genutzt. Für die Zukunft geht es laut Küchen vor allem um den Einsatz weiterer Rest- und Abfallstoffe, wie etwa Stroh- und Holzresten, aber auch Algen. Deren Verarbeitung zu fortschrittlichen Biokraftstoffen erfordere, ähnlich wie die Produktion von E-Fuels aus Wasserstoff und CO₂, hohe Investitionen in neue Technologien, denen die Politik mit risikomindernden Maßnahmen nun den Weg ebnen müsse: „Wir brauchen langfristige Anreize für Investitionen, die Beseitigung regulatorischer Unsicherheiten und eine konsequente CO₂-Bepreisung einschließlich einer Reform der Energiebesteuerung, die sich an der Klimawirkung der Kraftstoffe bemisst“, so Küchen. Grundvoraussetzung sei dabei eine technologieoffene Regulierung: „Je breiter die potenziellen Anwendungsbereiche für CO₂- arme und -neutrale Produkte sind, desto aussichtsreicher die Investition und geringer das Risiko für Investoren.“

Nutzung des Biomethans als Kraftstoff
Auch wenn die Nutzung von Biomasse noch nicht die ganz große – und Flügel verleihende – politische und regulatorische Unterstützung erfährt, wird in die Errichtung von unterschiedlich großen Kraftwerken längst investiert. So schloss nun der deutsche Biogas-Spezialist Weltec Biopower die Inbetriebnahme und Übergabe einer Biomethananlage auf einer Milchfarm in Barron County, Wisconsin, erfolgreich ab. Die Molkerei produziert nun jährlich 2,36 Millionen Normkubikmeter Biomethan.
„Dieses hochwertige Biomethan, das über den Gasnetz-Spezifikationen liegt, wird mittels modernster Membran-Gasaufbereitungstech¬nologie gereinigt“, erläutert Weltec Biopower. Dadurch können stündlich 272 Normkubikmeter Biomethan erzeugt, komprimiert, abgefüllt und zum Einspeisepunkt ins Gasnetz transportiert werden. Das stark CO₂-negative Biomethan wird an anderer Stelle aus dem Netz entnommen „und trägt erheblich zur Nachhaltigkeit der Transportflotten der Abnehmer bei“. Durch die Nutzung des Biomethans als Kraftstoff erziele die Molkerei erhebliche Umweltvorteile und reduziert die CO₂-Emissionen um rund 11.200 Tonnen CO₂-Äquivalente pro Jahr.
Die Farm in Wisconsin hält derzeit eine Herde von 3.400 Rindern. Die Betreiber verfügen bereits über Erfahrungen mit einer anaeroben Vergärungsanlage zur Eigenstromerzeugung. „Seit Jahren nutzen wir Rindermist zur Biogasproduktion, um unseren Strom- und Wärmebedarf zu decken und unsere Felder mit dem Gärrest zu düngen“, erklärt der Eigentümer. „Mit der neuen Biomethananlage können wir den Gärrest jetzt in größerem Umfang verwerten und in einer speziellen Lagune zur optimalen landwirtschaftlichen Nutzung speichern.“
Spezielles Aufbereitungsverfahren für Deponiegas
Die ETW Energietechnik aus Moers hat gemeinsam mit ihrem langjährigen italienischen Partner Ranieri Tonissi aus Genua eine Biomethananlage in Süditalien gebaut. Die Anlage in Taranto, Region Apulien, hat eine Kapazität von 4400 Normkubikmetern Deponiegas pro Stunde und besteht aus dem bewährten, anwenderfreundlichen Biogasaufbereitungssystem ETW SmartCycle® PSA und einer nachgeschalteten NRU ‚Nitrogen Reduction Unit‘.

Zum Lieferumfang des Generalunternehmers ETW gehören auch die Rohgasaufbereitung, die Schwachgasnachbehandlung mit regenerativer thermischer Oxidation (RTO), die Gasabfackelung und die Biomethaneinspeisung (Gatekeeper) mit Nachverdichtung auf 25 bar. „Mit dem speziell für Deponiegas entwickelten ETW-Aufbereitungsverfahren mit NRU kann Deponiegas mit Stickstoffgehalten von über 20 Prozent zu Biomethan aufbereitet werden, das ins Netz eingespeist werden kann“, erklärt Alexander Szabo, zuständiger Vertriebsleiter bei ETW Energietechnik.
Valmet errichtet Biomassekraftwerk
Einen Auftrag zur Errichtung eines Biomassekraftwerkes erhielt auch Valmet. Das Unternehmen liefert es an Göteborg Energi AB in Göteborg, Schweden. Der Auftrag umfasst eine 140-MWth-Valmet-Wirbelschichtkesselanlage sowie ein Rauchgasreinigungssystem und ein Rauchgaskondensationssystem. Als Primärbrennstoffe werden Waldrestholz und recycelte Holzspäne eingesetzt. Die Inbetriebnahme der Anlage ist für das Jahr 2025 geplant. Darüber hinaus wird Valmet ein Kesselgebäude und Rohrleitungen für den Anschluss des neuen Kessels an die bestehende Dampfturbine liefern.
Hohe Ansprüche an den Bereich des Turbinenschutzes
OHL Gutermuth fertigt auch für Biomassekraftwerke Absperr- und Regelarmaturen. Sie kommen in Dampfturbinen für Kraftwerke, die Biomasse verbrennen, oder in CSP-Solaranlagen zum Einsatz. Das Risiko von Überlastung oder Ausfallsituationen im Arbeitsbereich von Turbinenanlagen muss minimiert sein. OHL Gutermuth bietet hierfür Klappen in allen gängigen Anschlussarten, Ausführungen sowie als Sonderfertigungen an, die für die Ansprüche in der jeweiligen Turbine – wie Größe, Fluid und Druckbereich – produziert werden.
„Bei der Erzeugung von Energie und Wärme aus fester Biomasse werden biogene Brennstoffe verwendet und in einem Dampfkessel verbrannt“, erläutert OHL Gutermuth. Der überhitzte Dampf wird einer Dampfturbine mit Generator zur Stromerzeugung zugeführt und kann danach unter anderem als Energie und Fernwärme genutzt werden. Die in Dampfturbinen eingesetzten Armaturen müssen den Dampfkreislauf mit aufrechterhalten und je nach Temperatur- und Druckbereich Extrembedingungen standhalten. „Die von OHL Gutermuth hergestellten Spezialarmaturen erfüllen alle notwendigen Richtlinien und Spezifikationen und werden von dem erfahrenen OHL-Ingenieursteam extra für diese Anwendungsbereiche entwickelt“, betont das Unternehmen.
Unter anderem in Europa, Middle East, Nord- und Mittelamerika sowie Asien unterstützen die Regel- und Absperrklappen von OHL Gutermuth erfolgreich Biomassekraftwerke, Solarkraftwerke und andere industrielle Anlagen mit hohen Ansprüchen an den Bereich des Turbinenschutzes.

Armaturenpalette in Baukästen strukturiert
In den vergangenen Jahren hat ARCA einen Trend von der klassischen MVA (Müll-Verbrennungs-Anlage), bei der das Unternehmen in dem klassischen Wasser – Dampf – Kondensat Kreislauf für die Energiegewinnung wie in der Peripherie stark präsent ist, hin zu BMHKW (Bio-Masse-Heiz-Kraft-Werk) fest. Darüber hinaus gewannen die HHKW (Holz-Heiz-Kraft-Werk) zunehmend an Bedeutung. Bei all diesen Kraftwerkstypen steht der Wasser – Dampf – Kondensat Kreislauf für die Stromproduktion durch eine Dampfturbine und für die Fernwärmeversorgung im Vordergrund. Der Rohstoff Holz ist laut ARCA immer und überall präsent. Die Verbreitung reiche von der Holzwirtschaft, in der nahezu jede Sägerei und jeder Holzverarbeiter eine eigene Energieversorgung bzw. HHKW für Strom und Wärme hat, über den klassischen Tannenbaum bis hin zu Verpackungskisten, die sortenrein entsorgt werden. Durch Fördermaßnahmen und einer stetigen Zunahme des Bewusstseins für die Bedeutung der Ressourcen habe der Markt bereits an Bedeutung gewonnen.
Mit seinen Komponenten fühlt sich ARCA gut gerüstet für die Herausforderungen der Biomasse. Man habe die Armaturenpalette so in Baukästen strukturiert, dass millionenfache Varianten zusammengestellt werden könnten. Aus diesem sehr ausgeprägten Baukasten könne das Unternehmen jede geforderte Anwendung bedienen.
Biomasse könnte an Bedeutung gewinnen
Biomasse bietet also – auch aus Sicht der Armaturenbranche – reichlich Potenzial. Experten fordern, es endlich zu heben. Hersteller und Zulieferer von Komponenten wie Armaturen warten wiederum nur darauf, den Markt in noch größerem Stil zu bedienen. Es ist aber absehbar, dass sie künftig noch zahlreicher benötigt werden. Damit würde Biomasse weiter an Bedeutung für den Klimaschutz gewinnen.

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