Ganz nach dem Geschmack der Armaturenbranche

Auch wenn die aktuellen Bedingungen bei Rohstoffpreisen und Energiekosten nicht ideal sind – die Lebensmittelindustrie zeigt sich krisenfest. Dabei erweisen sich Armaturen als eine unverzichtbare Stütze der Lebensmittelproduktion. Sie gewährleisten hohe Standards – etwa bei der Dampfversorgung, der Wasseraufbereitung und in Reinigungsprozessen. Der Produktionsprozess muss stabil gehalten werden und für das Medium ist Sauberkeit sicherzustellen. Die perfekte Mission für die Armaturenbranche.

Eine Bürde, wie sie auch andere Branchen tragen müssen, sind die hohen Kosten für die deutsche Ernährungsindustrie. Die Halbjahresbilanz der deutschen Ernährungsindustrie fällt daher gemischt aus. So konnte die deutsche Ernährungsindustrie laut den jüngsten Zahlen der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) im ersten Halbjahr 2023 insgesamt nur ein leichtes reales Umsatzwachstum von 0,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verzeichnen. Während das Ausland den preisbereinigten Umsatz um 0,9 Prozent steigern konnte, schwächelte das Inland und verzeichnete ein leichtes Minus von 0,1 Prozent.

Im neuen Technologiezentrum von GEA lassen sich Prozesse zur Herstellung neuer Lebensmittel im übertragbaren Pilotmaßstab evaluieren und die Produktion mit Hilfe von Zellkulturen und mikrobieller Fermentation testen, die mit vor- und nachgeschalteten Prozessstufen verbunden sind. Die Umstellung auf pflanzliche Lebensmittel, kultiviertes Fleisch oder etwa mikrobiologisch gewonnene Milchproteine hat laut GEA das Potenzial, künftige Generationen auf klimafreundliche Weise zu ernähren. GEA hat das New Food Application and Technology Center of Excellence (ATC), seinen zentralen Hub für die Pilotierung von Prozessen und Produkten für die Alternative-Protein-Industrie, in Hildesheim (Niedersachsen) eröffnet. Quelle: GEA/Mike Henning

In nominalen Zahlen ausgedrückt erwirtschaftete die Branche zwischen Januar und Juni 2023 insgesamt 116,6 Milliarden Euro, was ein nominales Plus von 12,8 Prozent verglichen mit dem Vorjahreszeitraum bedeutet. Im Inland betrug der Umsatz insgesamt 76,2 Milliarden Euro und lag damit 14,1 Prozent über dem Vorjahreszeitraum. Im Ausland fiel das nominale Wachstum mit plus 10,5 Prozent etwas geringer aus und betrug 40,2 Milliarden Euro. „Folglich sank der Auslandsanteil am Umsatz leicht von 35,3 Prozent auf 34,6 Prozent“, erklärt die BVE weiter.

Hohe Kosten belasten Hersteller

Auf der Kostenseite spielten für die Unternehmen die Agrarrohstoffpreise eine wesentliche Rolle. Insbesondere in den Jahren 2021 und 2022 sah sich die deutsche Ernährungsindustrie laut BVE mit einem deutlichen Anstieg der Rohstoffpreise konfrontiert. Diese sind zuletzt etwas gesunken, verbleiben jedoch auf vergleichsweise „sehr hohem Niveau“. Von Januar bis Juni 2023 sank der HWWI-Rohstoffpreisindex für Nahrungs- und Genussmittel um 10,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, auch bedingt durch den stark aufkommenden Basiseffekt: „Im Frühjahr 2022 erreichten die Agrarrohstoffpreise ihren Höhepunkt.“ Vergleiche man den Index für Nahrungs- und Genussmittel mit dem ersten Halbjahr 2019 („Vorkrisenniveau“), so stehe dieser immer noch gut 86 Prozent über den damaligen Werten.

Ähnlich sehen die Kosten bei Energie aus: Der HWWI-Index der Energierohstoffe sank zwar zum Vorjahreszeitraum um 36,1 Prozent, steht aber ebenfalls gut 94 Prozent über dem ersten Halbjahr 2019 („Vorkrisenniveau“) und verdeutlicht laut BVE die nun dauerhaft stark erhöhten Kosten.

Ernährungsindustrie als wohlstandssichernder Faktor

Aufgrund langanhaltend hoher Kosten für die deutsche Ernährungsindustrie – insbesondere bei Energie und Rohstoffen – stehen auch die Erträge vieler Unternehmen unter Druck: Bei der ifo-Konjunkturumfrage für Mai 2023 zeigte sich bei der Befragung zur „Beurteilung der Ertragslage“ im Ernährungsgewerbe und der Tabakverarbeitung, dass die Mehrheit der Unternehmen diese als überwiegend negativ einschätzt. Lediglich 14 von 100 bewerteten diese mit „gut“, während 36 sie als „schlecht“ einschätzten und 49 als „befriedigend“. Bei der „Ertragslage Entwicklung“ gaben lediglich 25 von 100 das Urteil „günstiger“ ab, 53 sprachen von 100 „ungünstiger“ und 22 antworteten mit „gleichbleibend“.

„Der Blick ins vergangene Halbjahr zeigt, dass die deutsche Ernährungsindustrie nach wie vor ein wohlstandssichernder Faktor für die Wirtschaft in Deutschland ist. Umso wichtige ist es, ihre Zukunftsfähigkeit zu fördern. Wir dürfen nicht riskieren, dass notwendige Investitionen in Effizienz und Nachhaltigkeit aufgrund einer zu hohen Kostenbelastung nicht getätigt werden“, erklärt Olivier Kölsch, Geschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE).

Bei Kandhari Beverages in Indien, am Standort Jammu, kommt ein PET-AseptBloc L mit Peressigsäure-Entkeimung und integrierter Streckblasmaschine von Krones zum Einsatz. Das Anwenderunternehmen füllt hier 36.000 PET-Flaschen pro Stunde für Coca-Cola aseptisch ab – und das energieeffizient. Foto: KRONES AG

Krisenfeste Branche

„Die deutsche Ernährungsindustrie ist krisenfest. Das haben die vergangenen Jahre gezeigt. Ob Corona oder der Ausbruch eines Krieges in Europa, die Branche hat sich allen Herausforderungen gestellt. Aber ihre Strapazierfähigkeit hat auch Grenzen: Und die sind erreicht, wenn die Politik mit schlecht durchdachten Regulierungen und zu viel Bürokratie den Industriestandort Deutschland gefährdet“, warnt Olivier Kölsch von der BVE. Auch mit Blick speziell auf den Monat Juni zeigt sich bei der deutschen Ernährungsindustrie ein preisbereinigtes Absatzplus von 2,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Im Inland betrug das Absatzplus 3,0 Prozent, während der Zuwachs beim Auslandsgeschäft mit plus 0,4 Prozent zum Vorjahresmonat etwas geringer ausfiel. In nominalen Zahlen ausgedrückt betrug der Umsatz der Lebensmittelhersteller insgesamt 20,1 Milliarden Euro. Die Hersteller erhöhten damit das Vorjahresergebnis um 9,5 Prozent. Die Steigerung der nominalen Umsatzentwicklung ist größtenteils auf gestiegene Preise zurückzuführen, so der BVE.

Der monatlich erscheinende ifo-Geschäftsklimaindex ist ein Indikator für die Stimmung und Erwartungen der Ernährungsindustrie. Die Beurteilung der aktuellen Geschäftslage verschlechterte sich dabei laut BVE auf 96,3 Punkte, während die Geschäftserwartung für die nächsten sechs Monate sich verbessern konnte.

Auftrieb für pflanzenbasierte Lebensmittel

Auch dieser Trend verstärkt sich zunehmend: Laut einer Umfrage Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels e.V. (BVLH) bevorzugen immer mehr Menschen pflanzenbasierte Lebensmittel. „Immer mehr Konsumenten wird bewusst, dass die Art und Weise, wie sie sich ernähren, Auswirkungen auf ihre Umwelt, die Artenvielfalt und ihre Gesundheit haben kann“, erläutert der BVLH.

Laut der aktuellen repräsentativen Verbraucherbefragung im Auftrag des BVLH geben 41 Prozent der Befragten an, Flexitarier zu sein, also nur gelegentlich Fleisch zu essen. Neun Prozent ernähren sich vegetarisch und drei Prozent vegan. Den Veganern, Vegetariern und Flexitariern stehen 47 Prozent der Bevölkerung gegenüber, die sich keiner dieser Ernährungsweisen zuordnet.

Armaturen für höchste Anforderungen

Perfekte Hygiene ist zentral für die Lebensmittelindustrie. Daher müssen hygienische Armaturen auf die höchsten Anforderungen der Lebensmittelherstellung zugeschnitten sein, um keimarme und sterile Prozesse zu ermöglichen. Auch Sicherheitsventile haben hohe Erwartungen zu erfüllen – Ventile aus Edelstahl sind daher eine gängige Wahl. Für sie gilt ebenfalls: Im Bereich der Hygienic- oder Clean-Service-Anwendungen werden besonders hohe Anforderungen an die Reinigbarkeit und damit an die totraumfreie Konstruktion von Ausrüstungsteilen gelegt.

Hersteller von Brauerei-Anlagen benötigen anspruchsvolle Ventile. Foto: Pixabay

Auch ist der Anlagenbau im Wandel: Es sind zunehmend individuellere Lösungen für das Aufbereiten, Abscheiden, Verarbeiten, Konservieren, Kühlen, Verpacken und Einfrieren der Lebensmittel gefordert. Wichtig ist hier, den Wasser- und Energieverbrauch zu minimieren. Den Märkten steht eine weitere Entwicklung bevor: Lokale Lebensmittelkreise könnten laut Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI dazu beitragen, die Nahrungsmittelproduktion bis 2035 von zentralen Strukturen auf dezentrale und teilweise autonome Ernährungssysteme umzustellen.

Außerdem gewinnt Künstliche Intelligenz an Bedeutung für Abläufe. KI und maschinelles Lernen werden einen wichtigen Einfluss auf die Nahrungsmittelproduktion haben und beispielsweise die Basis für die ‚smarte Landwirtschaft‘ darstellen, erläutert das Fraunhofer ISI. KI könne auch dazu beitragen, die Qualität und Frische von Lebensmitteln zu verbessern und deren Verschwendung verringern, indem Kundenanforderung und -nachfrage bereits im Voraus bekannt sind.

Ein Brauer zapft – hier auf einem Bild der Bitburger Braugruppe – unfiltriertes Bier für eine Qualitätsprobe. Armaturen in Brauanlagen werden in nahezu allen Bereichen eingesetzt – vom Sudhaus über den Gärkeller bis hin zur Abfüllung. Foto: Hardy Welsch / Quelle: Bitburger Braugruppe GmbH

Auch die Armaturenbranche stellt sich auf diese Trends und Wandel ein. Mit Investitionen, die sich lohnen, denn die Ernährungsindustrie ist mit einem jährlichen Umsatz von 218,5 Milliarden Euro der viertgrößte Industriezweig Deutschlands. Die Branche gehört auch in anderen Ländern zu den umsatzstarken Industrien. Für diese werden zahlreiche, aber eben auch anspruchsvolle Armaturen benötigt.

Michael Vehreschild
Michael betreut die Armaturen Welt als Redakteur. Als ausgebildeter Journalist beschäftigt er sich bereits seit vielen Jahren mit der Industrie und ihren Herausforderungen. Er weiß um die Themen, die die Armaturenbranche beschäftigt, und durchleuchtet sie in seinen Hintergrundberichten und Interviews.

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