Wasserstoffspeicher stellen ein zentrales Element einer zukünftigen Wasserstoffwirtschaft und des zukünftigen Energiesystems dar. „Ihre Bedeutung liegt insbesondere in der Sicherstellung der Versorgungssicherheit im Strombereich“, erklärt die Deutsche Energie-Agentur (dena). Große Speicherkapazitäten würden benötigt, um das saisonale Gefälle der Nachfrage durch Wasserstoff-Kraftwerke zu überbrücken. Der Aufbau wird laut einer neuen dena-Studie nur auf Basis eines staatlich unterstützten Finanzierungskonzepts gelingen. Für die technische Umsetzung steht die Armaturenbranche jedenfalls schon bereit.
Der bislang angekündigte Zubau von Wasserstoffspeichern deckt die erwarteten Bedarfe nur bis ca. 2030 ab, „und selbst hier stehen die finalen Investitionsentscheidungen noch aus“, bedauert dena. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat daher eine Studie zu Bedarf, Um-, Neubau und Finanzierung von Wasserstoffspeichern beauftragt, die von einem Konsortium unter Leitung der dena und der Beteiligung des Fraunhofer ISI Instituts und der Beratungsfirma Guidehouse erstellt wurde.
„In einem klimaneutralen Energiesystem sind Wasserstoffspeicher zentral für die Versorgungssicherheit und die Stabilität des Energiesystems“, erläutert Corinna Enders, Vorsitzende der Geschäftsführung der dena. Die aktuelle Studie zeige, wie der Aufbau der Wasserstoffspeicher angeschoben werden könne. „Dabei sind stabile und frühzeitig kommunizierte Finanzierungsinstrumente von hoher Bedeutung, um Investitionen in den Bau von Wasserstoffspeichern anzustoßen.“ Der entsprechende politische und notwendige regulatorische Rahmen sollte schnell gesteckt werden.
Neubau von umfangreichen Speicherkapazitäten frühzeitig anstoßen
Die Studie behandelt technische, ökonomische und finanzielle Aspekte des Speicherausbaus und baut auf einer Szenario-Analyse sowie zahlreichen Stakeholder-Interviews auf. Nach Abwägung aller relevanten Aspekte spricht sie verschiedene Empfehlungen aus: Danach sollte der Neubau von umfangreichen (insbesondere Kavernen-) Speicherkapazitäten – aufgrund der langen Realisierungszeiten – frühzeitig angestoßen werden, möglichst schon in den kommenden Jahren. Dabei bedürfe es auch eines politischen Zielbildes und entsprechenden Unterstützungen für die Wasserstoffspeicher. dena: „Nur so kann eine rechtzeitige Fertigstellung ausreichender Speicherkapazitäten sichergestellt werden, denn vor dem Hintergrund der in der aktuellen Marktsituation bestehenden ökonomischen Risiken können finale Investitionsentscheidungen ohne staatliche Unterstützung in der Hochlaufphase nicht getroffen werden.“
Für die Finanzierung von Wasserstoffspeichern ist laut Studie außerdem vor allem der Ausgleich von Nachfragerisiken (Preis- und Mengenrisiken) für Speicherbetreiber entscheidend. Wenn ausreichend sichere Einnahmen zur Kostendeckung und die Abdeckung relevanter Risiken nicht garantiert werden können, würden Investitionen in den benötigten Speicherkapazitätsausbau „voraussichtlich deutlich zu gering ausfallen“.
Effizienz der Förderung sicherstellen
Mit welchem Finanzierungsmodell diese Risiken am besten adressiert werden können, wird in entscheidender Weise durch den durch die BNetzA festzulegenden Regulierungsrahmen mitbestimmt werden. „Die Einführung des Regulierungsrahmens und auch des staatlich abgesicherten Finanzierungsmodells für Wasserstoffspeicher in der Hochlaufphase sollte möglichst früh (bestenfalls ab Mitte 2026) erfolgen“, so dena. Schon vor der Einführung sei eine möglichst frühzeitige Kommunikation des zukünftigen Regulierungs- und Finanzierungsrahmens entscheidend.
„Als Fördermechanismus können sich vor allem erlösbasierte Differenz-Verträge (englisch: Contracts-for-Difference) eignen“, erläutert dena. Sie würden frühzeitige und effektive Investitionsanreize in der Markthochlaufphase schaffen. Um die Effizienz der Förderung sicherzustellen, sollten sie zudem im Rahmen von wettbewerblichen Ausschreibungen vergeben werden. „Der Umfang der Ausschreibungen sollte durch die politischen Zielsetzungen der Bundesregierung für den Wasserstoff-Sektor bestimmt werden.“ Zur Finanzierung wäre laut dena ein Amortisationskonto geeignet, da es eine privatwirtschaftliche Refinanzierung durch eine in der Zukunft deutlich breitere Speichernutzerbasis ermöglicht.
Wasserstoff-Großprojekte in Deutschland
Derweil gibt es Förderzusagen von Bund und Ländern für Wasserstoff-Großprojekte von RWE: Der Konzern hat Förderzusagen in Höhe von mehr als 619 Millionen erhalten, um zwei seiner Wasserstoff-Großprojekte in Deutschland umzusetzen. Gefördert werden der Bau eines 300-Megawatt-Elektrolyseurs zur Erzeugung von grünem Wasserstoff in Lingen (Niedersachsen) im Rahmen des Projekts GET H2 Nukleus sowie der Bau eines Wasserstoffspeichers in Gronau-Epe (Nordrhein-Westfalen), erklärt RWE in einer Mitteilung.
Ein dritter Zuwendungsbescheid über 199 Millionen Euro ging an ein Konsortium, das im Rahmen des Projekts HyTechHafen Rostock (Mecklenburg-Vorpommern) auf den Bau einer 100-Megawatt-Elektrolyse-Anlage hinarbeitet. An diesem Konsortium ist RWE beteiligt.
Der Bund stellt pro Vorhaben jeweils 70 Prozent der Fördersumme bereit. 30 Prozent steuern je nach Projektstandort die Länder Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern bei. RWE plant, in die drei Projekte einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag zu investieren.
Das sei ein guter Tag für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft, sagt Markus Krebber, Vorstandsvorsitzender der RWE AG. Dank der Förderung von Bund und Ländern könnten jetzt in Deutschland die ersten Wasserstoffprojekte in industriellem Maßstab umgesetzt werden. Grüner Strom und Wasserstoff werden entscheidend sein für die Attraktivität von Wirtschaftsstandorten. „Deshalb ist es wichtig, jetzt rasch auch in die heimische Wasserstoffproduktion und die Infrastruktur inklusive der Speicher zu investieren“, unterstreicht Markus Krebber. „Unser Team bei RWE hat viel geleistet, um unsere Wasserstoffprojekte voranzutreiben – schön, dass es jetzt los gehen kann.“
Die EU-Kommission hatte den Projekten zusammen mit weiteren Wasserstoff-Vorhaben im Februar bescheinigt, wichtige Projekte von gemeinsamem europäischem Interesse (Important Projects of Common European Interest, IPCEI) zu sein. Dadurch war eine Förderung durch nationale Träger möglich geworden.
Grüner Wasserstoff, um CO₂-Emissionen deutlich zu reduzieren
Der Standort Lingen spielt eine Schlüsselrolle in RWEs Wasserstoffstrategie. Dort plant das Unternehmen, im Rahmen des GET H2 Nukleus bis 2027 in 100-Megawatt-Schritten Wasserstoff-Erzeugungskapazitäten von 300 Megawatt zu schaffen. Die erste 100-MW-Elektrolyse soll 2025 in Betrieb gehen. Der in Lingen erzeugte grüne Wasserstoff soll Industrieunternehmen dabei helfen, ihre CO₂-Emissionen deutlich zu reduzieren.
Beim Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft kommt der Transport- und Speicherinfrastruktur eine wesentliche Rolle zu, betont RWE. Der von RWE Gas Storage West geplante Wasserstoff-Kavernenspeicher in Gronau-Epe wird zwei Kavernen zur Lagerung von Wasserstoff nutzen. Der Speicher wird dazu beitragen, die schwankende Wasserstofferzeugung aus Wind und Sonne zu puffern. „Dadurch kann grüner Wasserstoff bedarfsgerecht für industrielle Abnehmer bereitgestellt werden“, so RWE. Der erste Wasserstoff soll 2026 in die Anlage eingespeist werden.
Das Projekt HyTechHafen Rostock sieht die Errichtung eines 100-MW-Elektrolyseurs im Hafen Rostock vor, der ab 2027 grünen Wasserstoff erzeugen soll. Dieser soll zum einen lokalen Verbrauchern zur Verfügung gestellt, zum anderen in das im Aufbau befindliche deutschlandweite Wasserstoffkernnetz eingespeist werden. Gesellschafter der Betreibergesellschaft sind die ROSTOCK PORT GmbH, die RheinEnergie AG, die EnBW Neue Energien AG sowie RWE Generation SE.
Nachfrage nach Wasserstoffventilen steigt an
In den vergangenen Jahren – auch unterstützt durch Anstrengungen der EU – hat sich in der heimischen Industrie beim Einsatz von Wasserstoff de facto sehr viel bewegt. „Immer mehr Unternehmen fragen Wasserstoffventile bei uns an“, erklärt beispielsweise Dominic Hock, Geschäftsführer bei der A. Hock MSR- u. Electronic Serv. GmbH. Doch sieht das Unternehmen auch großes Potenzial zur Produktion von grünem Wasserstoff auf der internationalen Ebene. Die EU arbeitet hier mit internationalen Partnern zusammen, um die globale Wasserstoffwirtschaft zu fördern. „Wir sind offen und bereit für jedes spannende Projekt“, freut sich Dominic Hock bereits auf kommende Herausforderungen.
Erst kürzlich hat A. Hock 37 Wasserstoffventile für das im Jahr 2022 in Bremen ins Leben gerufene Forschungsprojekt hyBit geliefert. Das Großprojekt hat das Ziel, eine effiziente Wasserstoffwirtschaft bzw. die Gestaltung einer grünen, wasserstoffbasierten Industrie in Norddeutschland zu etablieren.
Auf den Wasserstoffhochlauf stellte sich die Armaturenbranche ein. Denn von Tiefst- bis Höchst-Temperaturen reicht die Skala bei der Wasserstoffnutzung. Bestehende Ventile müssen daher an sehr unterschiedliche Gradzahlen und Drücke angepasst werden oder aber es sind neue Ventile zu entwickeln. Aufgabenstellungen, mit denen sich die Armaturenbranche bereits seit geraumer Zeit befasst – wie beispielsweise Herose. Das Unternehmen aus Bad Oldesloe nutzt bereits viele Ressourcen für die Weiterentwicklung seiner Wasserstoffventile.
Smarte Lösungen für die Wasserstoffbranche
Die Wasserstoffbranche benötigt die Qualitätsprodukte der Armaturenunternehmen. Denn mit der Umstellung des Gasnetzes auf Wasserstoff, dem Hochlauf der industriellen Wasserstoffspeicherung und aber auch mit dem Aufbau einer europäischen Wasserstoff-Tankstellen-Infrastruktur bedarf es einer Vielzahl unterschiedlichster Armaturen. „Die Anforderungen an diese werden sich jedoch von denen der heutigen Armaturen durch die zunehmende Dezentralisierung der Wasserstofferzeugung, -speicherung, -verteilung und -nutzung unterscheiden“, betont Werner Diwald, Vorstandsvorsitzender vom Deutschen Wasserstoff-Verband (DWV) e.V. Zukünftig brauche die Branche zunehmend „smarte“ Lösungen. Eine Forderung, der die Armaturenbranche gerne nachkommt.
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