Das Potenzial ist riesig – global sowieso, aber auch auf Deutschland bezogen. Wasserkraft erzeugt weltweit über die Hälfte des erneuerbaren Stroms. Und die Leistung dürfte noch deutlich zunehmen. „In Regionen, in denen der Energiebedarf in den nächsten Jahren besonders stark steigen wird – wie in Asien, Südamerika und Afrika –, werden neue Großanlagen und eine Vielzahl kleinerer Wasserkraftprojekte entstehen“, bilanziert der Technologiekonzern Andritz. Aber auch in Europa und Nordamerika gebe es ein enormes Potenzial, um das „Trilemma“, also das dreifache Dilemma aus Versorgungsicherheit, Nachhaltigkeit und Erschwinglichkeit von Energie, zu lösen.
In Europa und Nordamerika ist etwa die Hälfte der Anlagen älter als 40 Jahre. Andritz: „Modernisiert und erweitert man sie, kann damit ein wesentlicher Beitrag zur Energieversorgung geleistet werden.“ Gut auch für die Armaturenbranche, denn ihre Komponenten sind immer „an Bord“.
Trotz des rasanten Wachstums von erneuerbaren Energieformen wie Windkraft, Biomasse, Sonnenkraft und Erdwärme stellt die Wasserkraft mit ihrem Erzeugungsanteil von knapp über 50 Prozent die größte erneuerbare Energiequelle dar. „Und sie bietet einige Vorteile: Strom aus Wasserkraft kann flexibel und bedarfsgerecht erzeugt werden. So können die Stromnetze stabilisiert und mit Hilfe von Pumpspeicherkraftwerken enorme Mengen an Wind- und Sonnenenergie gespeichert werden, die nur unregelmäßig zur Verfügung stehen“, erläutert Andritz.
Großes Ausbaupotenzial
Voith listet einige Vorteile der Wasserkraft auf: Dazu gehören unter anderem, dass sie eine umweltfreundliche erneuerbare Energie mit großem Ausbaupotential in allen Regionen der Erde ist, es keinen Rohstoffverbrauch wie bei fossilen Kraftwerken (Kohle, Öl, Gas etc.) und deshalb kaum Treibhausgas-Emissionen im Betrieb (wie Kohlendioxid, Stickoxide, Schwefelwasserstoffe) gibt und dass der Wirkungsgrad, verglichen mit fossiler oder nuklearer Stromerzeugung, doppelt so groß ist.
Die Wasserkraft stellt laut Voith außerdem eine einfache und sichere Technik dar, da es keine so großen Risiken wie beispielsweise bei der Kernkraft gebe. „Pumpspeicherkraftwerke können auch große Energiemengen aus dem Stromnetz, zum Beispiel stark schwankenden Wind und PV-Strom, zwischenspeichern.“ Ferner sei die Energiegewinnung weitestgehend unabhängig von Jahreszeiten, Tageszeiten und dem Wetter verglichen mit Wind- und PV-Anlage.
Wasserkraft von „überragendem öffentlichem Interesse“
Über eine gute Nachricht freuen sich aktuell die Anbieter von Anlagen und Komponenten für Wasserkraft. So wurde das „überragende öffentliche Interesse“ für die Wasserkraft anerkannt und der Förderrahmens im EEG 2023 aufrechterhalten.
„Wir sind erleichtert, dass die zuvor geplanten Änderungen wieder rückgängig gemacht wurden und so der Fortbestand Tausender kleiner Wasserkraftanlagen nun wieder gesichert ist“, sagt Hans-Peter Lang, Präsident des Bundes Deutscher Wasserkraftwerke (BDW). „Die Wasserkraft kann damit weiter ihren Beitrag zur Energiewende und zur Versorgungssicherheit leisten.“ In dem vom Bundestag verabschiedeten „Gesetz zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor“ wurde der Wasserkraft das überragende öffentliche Interesse wieder zuerkannt – so wie es bei den anderen erneuerbaren Energien der Fall ist. „Das öffentliche Interesse ist mit Blick auf Genehmigungsverfahren wichtig und gibt Anlagenbetreibern Sicherheit zum Fortbestand ihrer Anlagen“, betont Hans-Peter Lang.
Weltweiter Bedarf an Wasserkraftwerken
Die Vorzüge der Wasserkraft werden weltweit erkannt – Projekte entstehen. So zum Beispiel im Bundesstaat Kelantan in Malaysia. Um die Wirtschaft, die vornehmlich aus lokalen Kleinbetrieben besteht, weiterzuentwickeln und den wachsenden Energiebedarf der Region zu stillen, entsteht im Distrikt Gua Musang bis Mitte 2026 das neue Wasserkraftwerk Nenggiri. Ein von Andritz geführtes Konsortium wird die komplette elektro- und hydromechanische Ausrüstung liefern. Der Auftrag umfasst die Konstruktion, Fertigung, Lieferung, Montage und Inbetriebnahme von zwei 153-Megawatt-Turbinen und Generatoren samt Hilfsanlagen sowie aller mechanischen und elektrischen Neben- und Steuerungsanlagen. „Das Wasserkraftwerk ist eines von mehreren staatlich genehmigten Projekten, die dazu beitragen sollen, den Anteil an erneuerbaren Energien in Malaysia bis 2035 auf 40 Prozent zu erhöhen“, erläutert Andritz. Und die Anlage hat weitere Vorteile: „Sie wird helfen, das nationale Stromnetz unter Spitzenlast zu stabilisieren, und sie übernimmt dank ihrer Fähigkeit zur Aufnahme großer Regenwassermengen während der Monsunsaison eine wichtige Rolle beim Hochwasserschutz“, berichtet Dato’ Nor Azman Mufti, Managing Director von TNB Genco, der malaysische Auftraggeber und Betreiber des Werkes.
Investitionen in Laufwasserkraftwerk an deutsch-schweizerischer Grenze
Ein weiteres Beispiel für eine Investition findet sich an der deutsch-schweizerischen Grenze. Das Laufwasserkraftwerk Ryburg-Schwörstadt ist mit 120 Megawatt die leistungsstärkste Anlage am Hochrhein. Die zwischen Bodensee und Basel gelegene Region weist auf einer Länge von 150 Kilometern einen Höhenunterschied von 150 Metern auf. Elf Staumauern machen sich dieses Gefälle zunutze, um jährlich ca. 760 Gigawatt-Stunden umweltfreundliche Elektrizität zu erzeugen, erläutert Andritz.
Das Unternehmen hat hier den Auftrag zur umfassenden Sanierung aller vier Kaplanturbinen bis 2027 erhalten – inklusive Design, Engineering, Neuteilefertigung, Instandhaltung, Montage, Tests und Inbetriebnahme. Ziel der Sanierung ist es, die Lebensdauer und Betriebssicherheit bis zum Ablauf der Konzession sicherzustellen, die vor einigen Jahren bis 2070 verlängert wurde.
Armaturen für Wasserkraftwerke
Erfahren im Umgang mit Wasserkraftwerken ist auch Bilfinger. Zahlreiche Komponenten werden für die Anlagen benötigt. Sie reichen laut dem Unternehmen von Hydraulikaggregaten, Reglern, Verteilerstationen, Kühlkreisläufen, Rohrleitungsarbeiten, Bohren und Flammspritzen von Laufradschalen mit eingebauter Turbine, Kugelhähnen, Ein- und Auslassklappen, Energieverteilern aller Art, Vermessungsarbeiten bis hin zu Service- und Reparaturarbeiten an Turbinen und Armaturen aller Art.
Diese Komponenten dürften zukünftig für Modernisierungen, Erweiterungen und Neubauten von Wasserkraftwerken noch mehr benötigt werden als bisher schon. Denn um die Klimaziele zu erreichen, muss die Kapazität an erneuerbaren Energien in den nächsten Jahren drastisch erhöht werden – was auch durch den Beitrag der Armaturen für die Wasserkraft gelingen kann.
Über den Artikel der Woche
Jede Woche beleuchten wir im Artikel der Woche ein spannendes Thema für die Armaturenbranche. Weitere Artikel finden Sie auch in unserer Zeitschrift Armaturen Welt. Um diese und viele weitere Artikel (fast) monatlich zu lesen, abonnieren Sie unsere Zeitschrift (erhältlich in Print und digital).
Möchten Sie als Autor mitwirken? Bitte kontaktieren Sie Michael Vehreschild.
Jede Woche teilen wir einen neuen Artikel mit unserer Armaturen Community. Machen Sie mit und lassen Sie uns Ihren Artikel auf Armaturen Welt online und in gedruckter Form veröffentlichen.