Armaturen für eine moderne Wasserwirtschaft

Der Klimawandel hat zusammen mit gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Veränderungen Auswirkungen auf das Wasserangebot und den Wasserbedarf in Deutschland. Die erforderlichen Anpassungen der Infrastrukturen und die Notwendigkeit eines möglichst naturnahen Wasserhaushalts stellen die Wasserwirtschaft vor enorme Herausforderungen. Die Leistungen einer modernen Armaturenbranche sind mehr denn je gefragt.

Ein Beitrag von Michael Vehreschild.

Strukturierte Maßnahmen müssen zeitnah eingeleitet werden – daher haben die technisch-wissenschaftlichen Verbände der Wasserwirtschaft, der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches e. V. (DVGW) und die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA), den Vertrag zur Entwicklung der Roadmap 2030 unterzeichnet.

DVGW und DWA vereinbaren, eine strategische Agenda zu erarbeiten, deren Kernelemente konkrete Maßnahmen- und Forderungskataloge sowie ein Fortschrittsmonitoring zur Umsetzung bis 2030 sein werden. Der Branche sollen praxisorientierte Handlungsempfehlungen für alle Bereiche der Wasserwirtschaft – Trinkwasserversorgung, Siedlungswasserwirtschaft, Hochwasservorsorge, Gewässerschutz – zur Verfügung gestellt werden.

Vorausschauendes Wassermanagement

Das Spektrum der Roadmap 2030 reicht von einer hohen Resilienz gegenüber dem Klimawandel, einem vorausschauenden Wassermanagement zur Vermeidung von Nutzungskonflikten bis hin zur Anpassung an den demographischen Wandel. „Die konsequente Anwendung des Verursacherprinzips, die Nutzung aller digitalen Möglichkeiten und eine gezielte Forschung und Entwicklung sind zentrale Kriterien der Roadmap 2030“, betonen die Verbände.

Als wichtigen Treiber für die Roadmap 2030 sehen die Verbände den Klimawandel. „Die vergangenen sehr heißen und trockenen Jahre haben aufgezeigt, dass sich die Trinkwasserversorgung in Deutschland weiter entwickeln muss, um weiterhin Bevölkerung und Industrie sicher versorgen zu können. Die Klimaveränderungen stellen die Wasserversorger hinsichtlich notwendiger Anpassungen der Anlagen und Infrastrukturen vor enorme Herausforderungen. Nur wenn diese frühzeitig erkannt und Maßnahmen eingeleitet werden, können wir den Veränderungen im Wasserdargebot und in der Nachfrage weiterhin gerecht werden“, sagt DVGW-Vorstand Wolf Merkel anlässlich der Unterzeichnung.

Johannes Lohaus, Sprecher der DWA-Bundesgeschäftsführung, und Dr. Wolf Merkel, Vorstand Wasser des DVGW. © DWA

Die vergangenen sehr heißen und trockenen Jahre haben aufgezeigt, dass sich die Trinkwasserversorgung in Deutschland weiter entwickeln muss, um weiterhin Bevölkerung und Industrie sicher versorgen zu können.

„Um Städte und den ländlichen Raum klimafit zu machen, müssen sie sowohl auf extreme Starkregenereignisse als auch auf lange und heiße Trockenperioden vorbereitet werden. Ziel ist ein möglichst natürlicher Wasserhaushalt, der vor allem über flussgebietsorientierte Lösungen und Strukturen, Rückhalt und Versickerung im urbanen und ländlichen Raum sowie eine gezielte Wasserwiederverwendung erreicht werden muss“, so Johannes Lohaus, Sprecher der DWA-Bundesgeschäftsführung.

Erster Meilenstein auf dem Weg zur Roadmap 2030 ist die „Vision 2100“, das Leitbild einer wasserbewussten Gesellschaft für das Jahr 2100, die DVGW und DWA vorstellen. Natürlicher Wasserhaushalt, Wasser keine Handelsware, Vorsorgeprinzip, nachhaltige Nutzung, naturnahe Regenwasserbewirtschaftung und hohe Resilienz sind hier die wesentlichen Schlagworte.

Die aktuelle Lage in Deutschland

In Deutschland sind laut Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz aktuell über 96 Prozent der Gesamtbevölkerung an die öffentliche Kanalisation angeschlossen: Das heißt, das Abwasser der Haushalte wurde in der öffentlichen Kanalisation gesammelt – rund 540.723 Kilometer Abwasserkanäle – und in Kläranlagen geleitet. Es gibt knapp 10.000 solcher Kläranlagen. In öffentlichen Kläranlagen werden jährlich insgesamt etwa 10,07 Milliarden Kubikmeter Abwasser behandelt – davon circa 0,1 Prozent nur mechanisch, 1,9 Prozent biologisch ohne gezielte Entfernung von Nährstoffen, und circa 98 Prozent biologisch mit gezielter Nährstoffentfernung.

Eine der größten Herausforderungen in den kommenden Jahren stellen bisher unbeachtete Schadstoffe im Abwasser dar. Dazu gehören Arzneimittelrückstände, Antibiotika aus der Tierzucht oder Chemikalien, die bereits in kleinsten Mengen hormonähnliche Wirkungen zeigen, erläutert das Ministerium. Um diese Spurenstoffe zu entfernen, reiche die herkömmliche Klärtechnik nicht aus. Zwar gebe es erste Technologien, wie beispielsweise spezielle Membranen oder Oxidationsverfahren, die solche Substanzen entfernen können. „Allerdings gibt es bislang für solche Spurenstoffe noch keine gesetzlichen Grenzwerte, an denen sich Anlagenbetreiber orientieren können.“

Das Potenzial der Wasserwirtschaft – und auch im speziellen bei Kläranlagen – ist enorm. Das zeigen zahlreiche weltweite Projekte. Foto: Pixabay

Wasser 4.0 als Meilenstein bei der Versorgung und Entsorgung

Ein Schlüssel, der zu einer Verbesserung der misslichen Situation bei der Wasserversorgung und -entsorgung beitragen könnte, ist die Anwendung des Wasser-4.0-Konzeptes. Wasser 4.0 steht für die Vernetzung und die intelligente Auswertung unterschiedlichster Daten. Ziel ist es, Abläufe zu optimieren und Ressourcen effizient zu nutzen. „Ein wesentliches Merkmal der aktuellen vierten Entwicklungsstufe in beiden Sektoren ist die Verschmelzung von realen und virtuellen Welten zu so genannten Cyber-Physical Systems (CPS)“, erläutert German Water Partnership (GWP). Diese Stufe beschreibt die Verknüpfung von Sensorik, Computer-Modellen und Echtzeitsteuerung mit realen Wassersystemen unter intensiver Beteiligung von intelligenten, globalen Netzwerken sowie Intranet/Internet.

Entscheidend ist auch die Möglichkeit, Antriebe und Armaturen problemlos in Wasser 4.0 Anwendungen einzubinden. Ein Beispiel ist die Kanalnetzverbundsteuerung der Stadt Wien, für die das Unternehmen AUMA über 300 Stellantriebe lieferte. Mit einer leistungsfähigen Elektronik und intelligenten Selbstdiagnosefunktionen leisten sie wertvolle Dienste für die Vernetzung unterschiedlichster Daten: Sie erfassen und speichern automatisch Prozessdaten wie Armaturenposition, Umgebungstemperatur und Vibrationen sowie Gerätedaten wie etwa Schalthäufigkeit, Motorlaufzeit und Warnmeldungen. In Zukunft geht es darum, diese Daten noch besser zu nutzen.

„Wasser 4.0 bedeutet Veränderung“, betont GWP. „Daten sind der Rohstoff unserer Zeit.“ Ihre Nutzung ermögliche eine ressourceneffiziente und wettbewerbsfähige Wasserwirtschaft.

Die Wasser- und Abwasserwirtschaft steht also vor zahlreichen Verbesserungen durch neue Technologien, zu denen die Armaturenbranche ihren Beitrag leisten wird.

Michael Vehreschild
Michael betreut die Armaturen Welt als Redakteur. Als ausgebildeter Journalist beschäftigt er sich bereits seit vielen Jahren mit der Industrie und ihren Herausforderungen. Er weiß um die Themen, die die Armaturenbranche beschäftigt, und durchleuchtet sie in seinen Hintergrundberichten und Interviews.

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