„Wasserkraft verdient Unterstützung“

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Alle reden über Wind- und Sonnenenergie – nur die Wasserkraft führt in der Öffentlichkeit ein Schattendasein. Und das, obwohl sie eine der wichtigsten regenerativen Energiequellen Europas ist. Entsprechend war die Branche geschockt darüber, dass im Kabinettsvorschlag zur Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) die Bundesregierung nun die Streichung der Vergütung für den Neubau und die Ertüchtigung von Wasserkraftanlagen bis 500 kW vorsieht. Eine Kürzung, die auch die Armaturenbranche bedauert.

Ein Beitrag von Michael Vehreschild.

Sicher, wirtschaftlich und nachhaltig: Diesen Dreiklang bieten Wasserkraftwerke seit Jahrzehnten. Die Verbände BDEW und VDMA Power Systems fordern die Bundesregierung daher auf, kleine Wasserkraftanlagen weiterhin zu fördern und machen Vorschläge, Wasserkraftanlagen und Pumpspeicherkraftwerke besser zu nutzen. Hierzu veröffentlichten BDEW und VDMA Power Systems ein Papier zur Rolle der Wasserkraft.

Den Vorschlag der Bundesregierung, die Vergütung für den Neubau und die Ertüchtigung von Wasserkraftanlagen bis 500 kW zu streichen, kritisieren die beiden Verbände. Aus Sicht der Verbände erscheint ein solcher Vorschlag „von den aktuellen sicherheits-, energie-, klima- und umweltpolitischen Tagesgeschehen entkoppelt“. Zudem seien im Gesetzentwurf restriktive Rahmenbedingungen für Pumpspeicherkraftwerke nicht verbessert worden. Die beiden Verbände fordern die Bundesregierung daher in einem gemeinsamen Papier auf, kleine Wasserkraftanlagen weiterhin zu fördern und machen Vorschläge, wie die Potenziale von Wasserkraftanlagen und Pumpspeicherkraftwerken vor dem Hintergrund der aktuellen sicherheits- und energiepolitischen Geschehnisse besser ausgeschöpft werden können.

Eine Wasserturbine im Einsatz. Foto: Pixabay

BDEW: Wegfall der Förderung „unerklärlich“

„Für uns ist unerklärlich, warum die Bundesregierung die kleine Wasserkraft aus gewässerökologischen Gründen nicht mehr fördern möchte“, sagt Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Die Wasserkraft trage seit vielen Jahrzehnten zu einer sicheren, wirtschaftlichen und nachhaltigen Stromversorgung bei – insbesondere im süddeutschen Raum. „Sie verdient daher Unterstützung.“ Das Wasserhaushaltsgesetz und die Landeswassergesetze stellen einen hinreichenden Schutz für die Gewässer sicher.

Aus Sicht von Dr. Dennis Rendschmidt, Geschäftsführer VDMA Power Systems, nehmen „insbesondere Pumpspeicherkraftwerke für die gesicherte Stromversorgung auch bei Störungen eine wichtige Rolle“ ein. „Durch eine Entfristung der Netzentgeltbefreiung von Modernisierungen könnten hier zusätzliche Kapazitäten geschaffen werden.“

Ausbaupotenzial bei Kleinwasserkraftanlagen

Dabei besteht ein gewisses Ausbaupotenzial bei Kleinwasserkraftanlagen, insbesondere durch die Modernisierung und Reaktivierung bestehender Anlagen oder durch vereinzelten Neubau an bestehenden Querbauwerken. Das erklärt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz auf seiner Website. Die Anlagen werden sowohl im Inselbetrieb als auch netzgekoppelt eingesetzt. Technisch handelt es sich hier ebenfalls um Speicher- oder Laufwasserkraftwerke, die aufgrund kleinerer Fallhöhen und Wassermengen aber nur geringere Leistungen liefern.

Dagegen nutzen Speicherkraftwerke das hohe Gefälle und die Speicherkapazität von Talsperren und Bergseen zur Stromerzeugung. „Beim Talsperren-Kraftwerk befinden sich die Turbinen am Fuß der Staumauer. Beim Bergspeicherkraftwerk wird ein in der Höhe liegender See über Druckrohrleitungen mit der im Tal liegenden Kraftwerksanlage verbunden“, erläutert das Ministerium auf seiner Website. Speicherkraftwerke könnten sowohl zur Deckung der elektrischen Grundlast als auch im Spitzenlastbetrieb eingesetzt werden. Pumpspeicherkraftwerke werden nicht durch natürliche Wasservorkommen, sondern durch aus dem Tal gepumptes Wasser aufgefüllt. Damit wird in Schwachlastzeiten erzeugter elektrischer Strom als potenzielle Energie des Wassers zwischengespeichert und kann in Spitzenlastzeiten wieder über eine Turbine abgerufen werden.

Laufwasserkraftwerke nutzen dagegen die Strömung eines Flusses oder Kanals zur Stromerzeugung. Charakteristisch ist eine niedrige Fallhöhe bei relativ großer, oft jahreszeitlich mehr oder weniger stark schwankender Wassermenge. Die Anlagen werden laut Ministerium aus wirtschaftlichen Gründen oft in Verbindung mit Schleusen gebaut.

Auf Wasserkraftanlagen war bei der Stromerzeugung in Deutschland stets Verlass. Kontinuität kennzeichnet die Nutzung dieser Ressource. Grafik: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz / AGEE (Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien – Statistik)

Wasserkraftprojekte bieten Potenziale

Interessant für die Armaturenbranche sind natürlich auch Wasserkraft-Großprojekte, etwa in Afrika, Asien und Südamerika. Lohnenswerte Projekte, in denen ebenfalls zahlreiche Komponenten verbaut werden. So werden in Wasserkraftwerken unterschiedliche Verschlusstypen verwendet – abhängig von Wassermenge, Druck und Einsatzstelle. Häufig handelt es sich um Klappen, Kugelschieber, Kugelhähne oder auch Keilplattenschieber.

Absperrschieber sind in Wasserkraftwerken bei Niederdruck- und Mitteldruckanwendungen notwendig, um eine besonders hochwertige Abdichtung sowie ein schnelles Öffnen und Schließen zu gewährleisten. Kugelschieber werden dagegen vor allem bei Hochdruckanwendungen verwendet. Zum Einsatz kommen außerdem Regelventile in Wasseraufbereitungs- und Verteilungsanlagen sowie in Wasserkraftwerken.

Um lauernde Gefahren im Betrieb zu vermeiden, müssen Anlagenhersteller allerdings spezielle Lösungen finden: Denn im druckseitigen Triebwasserweg droht durch eine selbsterregte, sich verstärkende Druckschwingung eine Beschädigung der Druckrohrleitung. Ein rechtzeitiges, automatisches Erkennen einer solchen Autooszillation vermag die Gefahr allerdings abzuwenden.

Wasser auf die Mühlen der Zulieferer

Fakt ist aus Sicht der Experten: Die Potenziale der Wasserkraft sind längst nicht ausgeschöpft. Daher sollte die Technologie wieder weiter in den Fokus der Energiepolitik rücken. Es gäbe also noch viel zu tun für Anlagenbauer und Armaturenanbieter. Aus ihrer Sicht ist die Entscheidung der Bundesregierung bedauerlich, die Vergütung für den Neubau und die Ertüchtigung von Wasserkraftanlagen bis 500 kW zu streichen. Eine Umkehr, weg von der Streichung, wäre dagegen Wasser auf die Mühlen der Zulieferer…

Die Wasserkraft bietet ein hohes Potenzial. Aber bei kleinen Wasserkraftanlagen soll deren Förderung laut Bundesregierung nun fallen. Foto: Pixabay
Michael Vehreschild
Michael betreut die Armaturen Welt als Redakteur. Als ausgebildeter Journalist beschäftigt er sich bereits seit vielen Jahren mit der Industrie und ihren Herausforderungen. Er weiß um die Themen, die die Armaturenbranche beschäftigt, und durchleuchtet sie in seinen Hintergrundberichten und Interviews.

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