Sprung vom Labor in die Werkshalle

Das Bild zeigt die Wasserstoff KWK-Anlage am RAG Austria Betriebsstandort Puchkirchen in Gampern. In der Wasserstoffbranche spielt die Digitalisierung bereits eine wichtige Rolle – und sie wird weiter zunehmen.
Quelle: Urheber: Swen Gottschall / DIE GAS- UND WASSERSTOFFWIRTSCHAFT

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) gewinnt im Maschinen- und Anlagenbau deutlich an Bedeutung für Geschäftsprozesse. Das zeigen die Ergebnisse einer Umfrage von VDMA Software und Digitalisierung. Danach messen über 80% der Unternehmen KI eine erhebliche strategische Bedeutung sowohl für interne Prozesse und Produkte bei, 43% setzen bereits KI-Lösungen ein, 53% rechnen mit einem Umsatzplus von bis zu 5% in den kommenden drei Jahren.

Insbesondere in der Softwareentwicklung (51 Prozent), im Marketing (36 Prozent) sowie im Kundendienst und Service (26 Prozent) hat KI für einen Großteil der Unternehmen bereits hohe Relevanz. Auch in den Produkten werden laut VDMA KI-Funktionalitäten zunehmend zum Standard – etwa bei Predictive Maintenance, Condition Monitoring, Betriebsoptimierung und Bedienerassistenzsystemen. Damit dürfte innerhalb weniger Jahre die überwiegende Mehrheit der Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus KI in Prozessen oder Produkten verankern.

Deutliche betriebswirtschaftliche Effekte: Weniger Aufwand, mehr Tempo

Die Umfrage zeigt klar messbare Verbesserungen durch KI-Einsatz im Unternehmen. Zu den Top-4-Effekten zählen: die Verringerung des Personalaufwands (35 Prozent), Motivationssteigerung bei Mitarbeitenden (31 Prozent), Reduzierung von Prozesszeiten (31 Prozent) und die Erhöhung des Automatisierungsgrades von Prozessen und Entscheidungen (30 Prozent).

„Zudem lässt sich aus der Umfrage festhalten, dass KI den Sprung vom Labor in die Werkshalle geschafft hat“, resümiert der VDMA: 43 Prozent der Unternehmen nutzen heute schon KI- und Machine-Learning-Lösungen, 21 Prozent planen den Einstieg bis Ende 2025 und weitere 27 Prozent bis 2028.

Auf Kundenseite entstehen neue Produkte und Dienstleistungen (23 Prozent), verbesserter Service (22 Prozent) sowie Fortschritte bei Automatisierung, Durchlaufzeiten und Ressourceneffizienz.

Die Entwicklung zeigt, dass der Maschinenbau stark auf Eigenbau setzt, unterstützt von IT-Dienstleistern und Forschung. 65 Prozent entwickeln KI selbst – basierend auf vorhandenen Softwaretools, 48 Prozent arbeiten mit IT-Dienstleistern zusammen, 42 Prozent kooperieren mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen und 22 Prozent vollständige Eigenentwicklungen.

Die Chemieindustrie investiert in innovative Zukunftstechnologie: So forscht BASF weltweit an innovativen Kathodenmaterialien, die die Elektromobilität weiter voranbringen. Quelle: BASF SE
Die Chemieindustrie investiert in innovative Zukunftstechnologie: So forscht BASF weltweit an innovativen Kathodenmaterialien, die die Elektromobilität weiter voranbringen. Quelle: BASF SE

Von Einzellösungen zum geschäftskritischen System

Die Umfrage zeigt: KI wird sich von der punktuellen Anwendung zum integralen Bestandteil des Geschäftsmodells entwickeln. Condition Monitoring, Predictive Maintenance, ein steigender Anteil autonomer Fertigungsregelung oder KI-basierte Qualitätsprüfung ermöglichen datengetriebene Services, die Erlösmodelle verändern – vom klassischen Maschinenverkauf hin zu Pay-per-Use- oder Performance-Verträgen.

„Gleichzeitig bestehen aber auch Hürden“, betont der VDMA. 45 Prozent nennen fehlende Personalressourcen, 44 Prozent einen noch nicht bewiesenen Return on Investment. 42 Prozent beklagen unzureichende Datenqualität, 37 Prozent den Mangel an qualifiziertem Fachpersonal. In Summe zeigt sich ein deutlicher Handlungsbedarf in den Bereichen Kompetenzaufbau, Datenstrategie und Change-Management.

„Der Maschinen- und Anlagenbau steht vor einem tiefgreifenden technologischen Wandel“, bilanziert der VDMA. Die VDMA-KI-Umfrage zeige, dass KI längst nicht mehr Perspektive, sondern Realität ist – und für viele Unternehmen bereits heute messbaren Mehrwert schafft. Die erwarteten Umsatzsteigerungen sowie der große Einfluss auf zukünftige Geschäftsmodelle unterstreichen: KI ist zum zentralen Innovationstreiber der Branche geworden.

Optimierung und Unterstützung von Produktionsprozessen

Investitionen in Digitalisierung und Künstliche Intelligenz sind gut angelegtes Geld – was sich für zahlreiche Branchen sagen lässt. So bieten sie der Chemiebranche entscheidende Hebel, um aktuelle Herausforderungen in Chancen umzuwandeln. Dabei wird sie von der Armaturenbranche unterstützt. In der Chemieindustrie und im Armaturenbau wird die KI bereits bei der Unterstützung von Automatisierungsprozessen und digitalen Steuerungen eingesetzt. „Bei uns im Haus nutzen wir die KI im Wesentlichen im Bereich der Forschung und Entwicklung, unter anderem als Suchfunktionsunterstützung für zum Beispiel neue Verfahren“, erklärt beispielsweise Hartmann Valves. Auch vertriebs- und einkaufsseitig biete KI bereits Möglichkeiten, gezielt Kunden nach Branchen und Prozessen sowie Lieferanten nach Herstellungsverfahren und anderen Merkmalen zu suchen.

Pneumatisch betätigte Absperrklappen GEMÜ 481 in der Ultrafiltration für Trinkwasser. Auch im Wasser- und Abwasserbereich wächst die Bedeutung von Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz spürbar. Foto: GEMÜ
Pneumatisch betätigte Absperrklappen GEMÜ 481 in der Ultrafiltration für Trinkwasser. Auch im Wasser- und Abwasserbereich wächst die Bedeutung von Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz spürbar. Foto: GEMÜ

Die Bedeutung von KI wird weiterwachsen. Hartmann Valves sieht für die Chemieindustrie ein großes Potential, KI-unterstützte digitale Technologien zukünftig zur Optimierung und Unterstützung von Produktionsprozessen, der Forschung und Entwicklung sowie für das Lieferkettenmanagement einzusetzen. Die KI vermag dabei zu helfen, komplexe Prozesse zu steuern und zu bewerten. Und sie könne zur Entscheidungsfindung von bislang rein menschlich getroffenen Entscheidungen unterstützend eingesetzt werden. „Dabei kann die KI auch helfen, Prozesse wie etwa die Kreislaufwirtschaft zu optimieren. Sie wird somit zukünftig auch wesentlich zur Erhöhung der Nachhaltigkeit in der Chemieindustrie beitragen.“

Wasseraufbereitung: KI besitzt bereits eine zentrale Bedeutung

Und auch die Wasseraufbereitung hat mittlerweile ein weiteres „Ass im Ärmel“: Die Künstliche Intelligenz besitzt bereits heute eine zentrale Bedeutung. „Sie unterstützt dabei, Prozesse in Echtzeit zu optimieren, indem sie große Datenmengen analysiert und präzise Prognosen ermöglicht“, erläutert GEMÜ. Mithilfe von KI-Algorithmen lassen sich beispielsweise digitale Zwillinge von kompletten Wasseraufbereitungsanlagen erstellen und betreiben, um die Betriebsbedingungen zu optimieren und Wartungsvorhersagen zu erstellen. Insgesamt ermögliche der Einsatz von KI einen effizienteren, ressourcenschonenderen und zuverlässigeren Betrieb der Anlagen. „Vor allem in der Flexibilität der Wasseraufbereitung liegt der Schlüssel für eine optimale Ressourcennutzung.“ Die verstärkte Wasserknappheit erfordere es, schnell auf Änderungen der Wasserqualitäten und der verfügbaren Mengen zu reagieren.

Auch andere Industrien setzen bereits längst auf Digitalisierung – die Bedeutung von KI nimmt ebenfalls zu. Begleitet werden sie von einer innovativen Armaturenbranche, die die Industrien bei dem Weg zu einer erfolgreichen Zukunft maßgeblich unterstützen wird.

Michael Vehreschild
Michael betreut die Armaturen Welt als Redakteur. Als ausgebildeter Journalist beschäftigt er sich bereits seit vielen Jahren mit der Industrie und ihren Herausforderungen. Er weiß um die Themen, die die Armaturenbranche beschäftigt, und durchleuchtet sie in seinen Hintergrundberichten und Interviews.

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