Messbarer Erfolg

Sensorik und Messtechnik erwirtschafteten im Jahr 2022 ein Umsatzplus von zehn Prozent, verglichen mit dem Vorjahresergebnis. Für das laufende Jahr rechnet die Branche aktuell nicht mit einem weiteren Umsatzwachstum. Die Branche zeigt sich dennoch zukunftsorientiert und investierte 18 Prozent mehr als im Vorjahr und plant eine weitere Erhöhung um elf Prozent in diesem Jahr. Hintergrund sind Anlagenmodernisierungen, von den auch die Armaturenbranche profitiert.

Ein Beitrag von Michael Vehreschild.

Der AMA Verband für Sensorik und Messtechnik e.V. (AMA) befragte seine Mitglieder im Januar 2023 zur wirtschaftlichen Entwicklung des zurückliegenden Geschäftsjahres. Nach eigenen Angaben erwirtschaftete die Branche, wie der Verband nun berichtet, insgesamt ein Umsatzplus von zehn Prozent, verglichen zum Vorjahr. Im vierten Quartal 2022 gaben die Auftragseingänge nach, ein Grund dafür, dass der Ausblick auf das Wirtschaftsjahr 2023 für die Sensorik und Messtechnik verhaltener ausfällt. Die AMA-Mitglieder rechnen derzeit mit keinem Umsatzwachstum für das Geschäftsjahr 2023. Sie stellten insgesamt sechs Prozent mehr Mitarbeitende als 2021 ein. „Allerdings zeigt sich auch hier, dass es in einigen Bereichen viele Monate dauert, bis die passende Fachkraft gefunden wird“, erklärt AMA.

Entwicklung Umsatz im Jahr 2022 Sensoren und Messtechnik

Sensorik- und Messtechnik-Branche ist investitionsfreudig

Die AMA-Mitglieder investierten 2022 rund 18 Prozent mehr als im vorherigen Jahr und planen eine Erhöhung der Investitionen um weitere elf Prozent für das laufende Geschäftsjahr. AMA: „Damit setzen die Branchenvertreter ein deutliches Zeichen für die Zukunftsfähigkeit der Sensorik und Messtechnik.“

Die Exportquote der Sensorik und Messtechnik stieg 2022 um 15 Prozentpunkte auf 65 Prozent an, nachdem sie im Corona-Jahr 2021 um zwölf Prozentpunkte rückläufig war. Damit zog die Exportquote wieder deutlich an und liegt über der durchschnittlichen Exportquote der Industrie von insgesamt 50 Prozent. Also ein messbarer Erfolg für die Messtechnik-Branche.

Die Anzahl der Mitarbeitenden stieg im zurückliegenden Jahr um plus sechs Prozent. Der Verband befragte seine Mitglieder zu dem Schwierigkeitsgrad, offene Stellen zu besetzen. Als besonders herausfordernd zeigt sich die Personalsuche in den Bereichen IT sowie Forschung und Entwicklung. AMA-Mitglieder benötigen durchschnittlich acht bis neun Monate, um eine solche Stelle zu besetzen. Etwas entspannter ist es in der Produktion und Verwaltung, diese Positionen können durchschnittlich in drei Monaten neu besetzt werden.

Verhalten optimistisch für das laufende Jahr

„Trotz eines sehr positiven wirtschaftlichen Gesamtergebnisses, zeigen sich unsere Mitglieder verhalten optimistisch für das laufende Jahr“, sagt Thomas Simmons, Geschäftsführer AMA Verband für Sensorik und Messtechnik. „AMA-Mitglieder planen für dieses Jahr elf Prozent höhere Investitionen und einen weiteren Personalausbau. Lediglich gegenüber dem Umsatz zeigt sich unsere Branche zurückhaltend und rechnet derzeit mit einem Null-Wachstum. Bei aller Zurückhaltung in der Umsatzprognose, trotzte unsere Branche bisher aber weitgehend den wirtschaftlichen Folgen der Lieferkettenprobleme, des Kriegs in der Ukraine und der Energiekrise.“

Sensor und Messtechnik Umsatz steigt um 10% im Jahr 2022

Intelligente Messgeräte immer häufiger im Einsatz

Im Interview mit „Armaturen Welt“ erklärte Dr. C. Thomas Simmons, Geschäftsführer des AMA Verbandes, dass seit Jahren das Interesse an Funkstandards für die Datenkommunikation im IoT steigt. Denn der private Energieverbrauch soll analysiert und gesenkt werden, um die Klimaziele zu erreichen. „In der Folge setzen Stadtwerke und Wohnungsunternehmen immer häufiger intelligente Messgeräte ein. Auch Gewerbe und Industrie stellen unabhängig von gesetzlichen Vorgaben auf eine smarte Erfassung um.“ In fast allen technischen Angelegenheiten sei ‚smart‘ gleichbedeutend mit einem verstärkten Einsatz von Sensoren. Es ist also eine Modernisierung festzustellen, für die die Messtechnik-Branche benötigt wird und sie wachsen lässt.

Dr. C. Thomas Simmons Foto: AMA Verband für Sensorik und Messtechnik e.V.

Um die Zukunft der Branche sorgt sich Dr. Simmons nicht. „Die Sensor- und Messtechnikhersteller zeichnen sich auch in schwierigen Zeiten durch eine hohe Innovationsintensität aus, die während der Pandemie und jetzt unter dem Eindruck des Krieges in der Ukraine nicht nachlässt. Das ist einer der Vorteile unserer mittelständisch geprägten Unternehmen.“ Kleinere und mittelgroße Produzenten agieren und reagieren häufig schneller und unbürokratischer als sehr große Unternehmen. „Selbstverständlich brauchen unsere Mitglieder dafür gut ausgebildete Fachkräfte, ob Ingenieure*innen, Industriemechaniker*innen und IT-Spezialisten*innen. Damit steigt die Herausforderung, sich als kleiner oder mittelständischer Betrieb zukünftig als attraktiver Arbeitgeber durchzusetzen.“

Armaturen müssen „intelligenter“ werden

Prinzipiell steigt die Nachfrage nach Automation und damit auch nach Messtechnik, aber auch deren Anforderungen wachsen. Das hat Folgen auch für Armaturen: Denn diese müssen einerseits „intelligenter“ werden, aber andererseits die Möglichkeit haben, die von der „Intelligenz“ ermittelten Daten auch zu transportieren. Hieraus ergeben sich weitergehende Überlegungen: „Die Frage ist aktuell, ob ein Übertragungskanal zur Steuerung ausreichend ist oder sich parallel zur Basiskommunikation zwischen Steuerung und Device ein zweiter Kommunikationsweg in der IT-Welt für Condition Data etabliert, der für zum Beispiel Machine Learning oder Künstliche Intelligenz (KI) verwendet werden kann“, erläutert Martin Schifferdecker, Head of Department Electronic Product & Application bei GEMÜ. Dies würde viele Möglichkeiten zur Datenhaltung und -auswertung eröffnen und gleichzeitig die „sichere“ Basiskommunikation zwischen Steuerung und Device entlasten.

Die Bedeutung der IT-Sicherheit wächst weiter

Immens wichtig ist aus Sicht von Martin Schifferdecker eine Standardisierung der Kommunikationssysteme, um diese sowohl für den Anlagenbau als auch den Komponentenhersteller attraktiv zu machen. Dies beinhaltet neben den herstellerunabhängigen Kommunikationssystemen, wie IO-Link oder auch AS-i5, zusätzliche Themen wie herstellerübergreifende Profile. „Die IO-Link Community hat hierzu mit dem Smart Sensor Profil einen ersten Standard gesetzt. Auch für Armaturen laufen mit den Arbeiten an einem Smart Actuator Profile entsprechende Aktivitäten.“

Die nächste Hürde stellt jedoch das Thema IT-Sicherheit dar. Automatisierungssysteme wie IO-Link und AS-i5 bieten durch ihre sicherheitstechnisch „begrenzte“ Kommunikation zwischen Device und Steuerung einen relativ hohen Sicherheitsgrad. „Sobald wir aber von einem zweiten Übertragungskanal vom Device in die IT-Welt sprechen, wird die Datensicherheit ein großer Aspekt.“ Cybersecurity sei hier das große Thema, mit dem sich sowohl Komponentenhersteller, aber speziell auch Hersteller von Edge Devices, die die Daten in die IT-Welt übertragen, befassen müssen.

Die Modernisierungen von Anlagen haben also zahlreiche Konsequenzen für Automatisierung, Messtechnik und Armaturen. Wer hier Lösungen bietet, hat eher Chancen automatisch erfolgreich zu werden.

Michael Vehreschild
Michael betreut die Armaturen Welt als Redakteur. Als ausgebildeter Journalist beschäftigt er sich bereits seit vielen Jahren mit der Industrie und ihren Herausforderungen. Er weiß um die Themen, die die Armaturenbranche beschäftigt, und durchleuchtet sie in seinen Hintergrundberichten und Interviews.

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Michael Vehreschild
Michael betreut die Armaturen Welt als Redakteur. Als ausgebildeter Journalist beschäftigt er sich bereits seit vielen Jahren mit der Industrie und ihren Herausforderungen. Er weiß um die Themen, die die Armaturenbranche beschäftigt, und durchleuchtet sie in seinen Hintergrundberichten und Interviews.