Obwohl die deutsche Pharmaindustrie optimistisch in die Zukunft blickt, hat sich die wirtschaftliche Lage zuletzt eingetrübt. Mehr und mehr Unternehmer sind mit dem laufenden Geschäftsjahr unzufrieden. Dennoch schätzen die Unternehmen laut VCI (Verband der Chemischen Industrie) ihre Wettbewerbsposition im In- und Ausland überwiegend positiv ein, die Aussichten der Branche bleiben ebenfalls insgesamt positiv. Zukünftig könnte die digitale Transformation und die Nutzung von Künstlicher Intelligenz zu einer weiteren Gesundung der Pharmaindustrie beitragen – hierbei nehmen auch Armaturen eine wichtige Rolle ein.
Zurückgegangen ist die Pharma-Produktion von Januar bis September mit einem Minus von 2,9 Prozent. „Verantwortlich dafür sind nicht nur Lieferkettenprobleme und Kapazitätsengpässe, sondern auch hohe Produktionskosten am Standort Deutschland“, erklärt der VCI. Die stark regulierten Arzneimittelpreise stiegen kaum. Deshalb bleibe der Kostendruck insbesondere bei den Generikaherstellern hoch.
Das wichtige Auslandsgeschäft schwächelte zuletzt. Ausgehend von einem sehr hohen Niveau zu Jahresbeginn ging der Auslandsumsatz stetig zurück. Er lag im bisherigen Jahresverlauf nur noch knapp über dem Vorjahr (+ 0,3 Prozent). Die Umsätze in Europa und Amerika waren deutlich rückläufig. VCI: „Positiv entwickelten sich hingegen die Auslandsumsätze mit Asien. Auch im Inland übertraf der Pharmaumsatz das Vorjahresniveau.“
Produktionspläne der Pharmabranche weisen wieder nach oben
Insgesamt falle der Pharmastandort Deutschland im Vergleich zum restlichen Europa zurück. Dennoch schätzen die Unternehmen ihre Wettbewerbsposition im In- und Ausland überwiegend positiv ein. „Für die kommenden Monate erwartet die Branche eine positive Entwicklung im Exportgeschäft. Auch die Produktionspläne weisen wieder nach oben“, beobachtet der VCI. Die Wachstumserwartungen der Pharmaunternehmen spiegeln sich in den Investitionsentscheidungen wider. Die Investitionen nahmen in der Vergangenheit bereits zu. Auch zukünftig soll weiter in Deutschland investiert werden.
„Derzeit läuft es im Pharmageschäft nicht rund“, kommentiert VCI-Chefvolkswirt Henrik Meincke die aktuelle Lage. Die Stimmungsindikatoren deuten aber darauf hin, dass diese Schwächephase nur vorübergehend ist. Für viele Unternehmen hat der Standort Deutschland weiter Zukunft. Die Aussichten der Branche bleiben insgesamt positiv.“

Ausfälle vermeiden, Stillstände verhindern
Das Schreckgespenst „Stillstände“ gilt es zu vermeiden. Gemeint sind nicht nur Ausfälle durch abnehmende Aufträge, sondern auch die Prozesse von Pharmaanlagen an sich. Zuverlässigkeit besitzt daher eine besondere Bedeutung. Eine Schlüsselrolle nehmen hierbei die zunehmende Digitalisierung und Überwachung von Prozessen und Systemen ein. „Das rasante Voranschreiten der Digitalisierung einerseits und die sich noch in den Kinderschuhen befindende Anwendung von KI andererseits zielen miteinander darauf ab, intelligentere und intuitivere Systeme zu entwickeln“, erklärt die TRI-MATIC AG. Dies erfordere eine enge Zusammenarbeit zwischen Kunden sowie internen und externen Produktentwicklern. „Voraussetzung ist daher die Offenheit von allen Beteiligten, sich mit neuen technischen, wirtschaftlichen und legalen Aspekten auseinanderzusetzen.“ Innovationen könnten bittere Pillen verhindern.
Nicht verwunderlich ist daher der Trend hin in Richtung digitaler Transformation. Dazu gehört die Analyse und Verwaltung von Ventilen und dazugehörigen Komponenten, basierend auf den tatsächlichen Bedingungen in den Applikationen und Systemen. Dies könne bei automatisierten Armaturen durch Rückmeldungen von Schaltboxen oder digitalen Regeleinheiten erfolgen, betont TRI-MATIC. Intelligente Ventile können über den eigenen Zustand berichten und auf mögliche Probleme oder einen Ausfall des Ventils hinweisen, bevor es tatsächlich dazu komme. Das Stichwort ‚vorbeugende Wartung‘ rücke bei Kunden und den Anwendern stärker in den Fokus. Und auch hier können sich die Anlagenbetreiber auf das Engagement und Know-how der Armaturenbranche verlassen.

Fortschreitende Automatisierung und Digitalisierung
Bei der Modernisierung und dem Fitmachen für den Wettbewerb nehmen die fortschreitende Automatisierung und Digitalisierung also eine zentrale Rolle ein. Eine Erfahrung, die auch das Unternehmen Baelz gemacht hat. So investierte ein führendes Pharma-Unternehmen rund 275 Millionen Euro in eine hochautomatisierte Modellfabrik, eine der modernsten Produktionsanlagen für Arzneimittel weltweit, berichtet Baelz. „Dank dem modularen Aufbau ist es möglich, die Produktion schnell zu erweitern oder umzustellen.“ Hier sollen Medikamente zur Behandlung von Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen hergestellt werden.
Zweifellos prägt die Digitalisierung zunehmend Pharmaanlagen. Sowohl in der Nutzung der Armaturen als auch in der Verwaltung des Anlagenparks ist sie laut Baelz nicht wegzudenken. Alles kommuniziere mit allem. „Das muss aber vernünftig realisiert sein und der Nutzen darf nicht aus dem Blick geraten.“ Teilweise überträfen sich Angebote gegenseitig und böten immer „mehr“ an Zusatznutzen, „der aber manchmal keiner ist“. Ein sachlicher Blick auf die Notwendigkeiten ist also unerlässlich, um nicht unnötig Kosten zu produzieren.
Zentral für die Pharmaindustrie ist längst die Ressourcenschonung, zu der wiederum auch Digitalisierung und Automatisierung beitragen. So arbeitet Baelz kontinuierlich daran, die Kernwerte zu erhalten: „Energiesparende Systeme aus eigenen Komponenten mit eindeutigem Beitrag zur Nachhaltigkeit. In dieser Branche wird schon immer großen Wert auf Langlebigkeit gelegt.“

Grundstein für eine der modernsten Produktionszentren
Erfreulich ist, dass nicht nur Pharma-Standorte im DACH-Bereich erhalten bleiben, sondern weitere hinzukommen – gemäß dem Motto „weitere Innovationen statt bitterer Pillen“. So legte Roche den Grundstein für eines der modernsten Produktionszentren für qualitativ hochwertige diagnostische Einsatzstoffe Europas auf dem Campus seines Biotechnologie-Zentrums im oberbayerischen Penzberg. Dafür investiert das Unternehmen mehr als 600 Millionen Euro – die größte Einzelinvestition von Roche in Deutschland. „Künftig sollen hier in einer hochautomatisierten und intelligenten Fertigung mehr als 450 essentielle Einsatzstoffe für diagnostische Tests für die Versorgung von Patientinnen und Patienten hergestellt werden“, erklärt Roche in einer Mitteilung. Mit dem Neubau stärke Roche den Produktionsstandort Deutschland, erhöhe langfristig die Versorgungssicherheit für In-vitro-Diagnostika weltweit und stärke die Resilienz der Wertschöpfungsketten in Europa.
Bereits seit Jahren investiert Roche kontinuierlich: In den letzten fünf Jahren (2019 bis 2023) flossen insgesamt mehr als drei Milliarden Euro in die Standorte in Penzberg, Mannheim, Grenzach und Ludwigsburg, davon rund 1,3 Milliarden Euro in den Standort im bayerischen Oberland. Das Gesamtvolumen aller Investitionsprojekte, die Roche im Jahr 2023 in Deutschland umgesetzt oder auf den Weg gebracht hat, beläuft sich laut Unternehmensangaben auf mehr als 1,4 Milliarden Euro. Ein weiterer Beleg dafür, dass die Pharmaindustrie – unterstützt von der Armaturenbranche – eine große Zukunft hat.

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