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Die Erneuerbaren Energien nehmen in Deutschland Tempo auf. Mit einem „Osterpaket“ will das Bundeskabinett den Ausbau der regenerativen Energien deutlich beschleunigen. Verbände wie beispielsweise der VDMA und der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) begrüßen das Gesetzespaket. Es ist auch eine wichtige Botschaft für die Armaturenbranche – die deutlich umrissene Perspektive des Bundes verschafft ihr zusätzliche Klarheit für künftige Investitionen.
Ein Beitrag von Michael Vehreschild.
Eigentlich ist das Ergebnis für die deutschen Maschinen- und Anlagenbauer eine gute Nachricht. Denn im Februar haben sie ihre Auftragsbücher nochmals ordentlich füllen können, wie der VDMA berichtet. Insgesamt legten die Bestellungen um real 11 Prozent zum Vorjahr zu, wobei die Aufträge aus dem Inland einen Zuwachs von 13 Prozent verbuchten, während aus dem Ausland 9 Prozent mehr Orders kamen.
Eine gute Ausgangslage mit Unvorhersehbarkeiten
„Für sich genommen zeichnet der Zuwachs der Bestellungen im Februar ein erfreuliches Bild. Die Auftragsbestände der Unternehmen waren zuvor bereits sehr hoch, und ein weiteres zweistelliges Wachstum verstärkt die gute Ausgangslage für das laufende Jahr“, erläutert VDMA-Chefvolkswirt Dr. Ralph Wiechers. Allerdings zeigen sich in diesen Zahlen noch keine Auswirkungen des Ukraine-Kriegs, der erst Ende Februar begann.
Der für die Menschen in der Ukraine fürchterliche Krieg wird in diesen Monaten auch Einfluss auf die Konjunktur Deutschlands haben, wenngleich das Ausmaß noch nicht präzise vorhergesagt werden kann. Doch es gibt auch positive Nachrichten für viele Industrieunternehmen. Das nun vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzespaket zum beschleunigten Ausbau Erneuerbarer Energien wird einigen Branchen eine verbesserte Perspektive bieten. Durch das „Osterpaket“ werden die regenerativen Energien zu einer zuverlässigen Größe für die Zukunft – Investitionen dürften sich lohnen.
VDMA: Verbindliche Ziele sehr positiv
So begrüßt beispielsweise VDMA Power Systems das Gesetzespaket. „Die verbindlichen Zielsetzungen und das schnelle Vorgehen der neuen Bundesregierung sind sehr positiv. Der beschleunigte Ausbau der Erneuerbaren Energien, die Rahmenbedingungen für die Umrüstung von Gaskraftwerken auf Wasserstoff und dessen Bereitstellung sowie die Entlastung bei den Umlagen sind wichtige Schritte“, erklärt Dr. Dennis Rendschmidt, Geschäftsführer VDMA Power Systems. Für die Realisierung der Ziele werde es entscheidend sein, dass Energie- und Industriepolitik integriert zusammengedacht werden. Nur so könnten die Hürden für die Transformation des Energiesystems aus dem Weg geräumt und notwendige Investitionen getätigt werden.
Konkret ist aus Sicht des VDMA die Verbesserung des Referenzertragsmodells für windschwache Standorte positiv. Hiermit wird das Potential verfügbarer Flächen auch für weniger windhöffige Standorte erweitert, und dies wirkt der Flächenknappheit entgegen.
Neuausrichtung der Energiepolitik
„Es ist ebenfalls positiv, dass neue KWK-Anlagen zukünftig H2-Ready errichtet werden“, betont Rendschmidt weiter. Bei den konkreten Regelungen brauche es aber in der Praxis umsetzbare Vorgaben. Auch hinsichtlich der geplanten Nutzung von Biomethan bzw. wasserstoffbasierten Stromspeichern mit Rückverstromung seien noch Detailfragen zur Umsetzung offen.
In Summe und auch im Lichte der aktuellen Entwicklungen bedarf es laut VDMA einer Neuausrichtung der deutschen und europäischen Energiepolitik, die neben der Klimaneutralität auch wieder stärker die Versorgungsicherheit inklusive des Schutzes kritischer Infrastrukturen betont und die industriepolitische Komponente miteinbezieht. Rendschmidt: „Hierzu gehören vor allem die Betrachtung von integrierten Lieferketten und auch die Sicherstellung heimischer Wertschöpfung.“

Wichtige Weichenstellungen
Auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hebt die Bedeutung des „Osterpaketes“ hervor. Es enthalte „wichtige Weichenstellungen für einen beschleunigten Erneuerbaren-Ausbau, wie beispielsweise die Anhebung der Ausschreibungsmengen bei Wind- und Photovoltaikausschreibungen, die kommunale Beteiligung und die Einführung von Differenzverträgen für Erneuerbare Energien“, erklärt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. Allen beteiligten Ministerien und allen Ebenen – sei es Bund oder Land – müsse klar sein, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien das Gebot der Stunde sei, nicht nur für den Klimaschutz, sondern auch, um unabhängiger von fossilen Energieimporten zu werden. „Dafür liefert das Osterpaket bedeutende Hebel“.
Andreae mahnt allerdings mehr Tempo an. Die Bundesregierung solle die Voraussetzungen für schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren ins Osterpaket integrieren. „Wir müssen beim Ausbau der Erneuerbaren Energien noch schneller vorankommen und dauerhaft den Turbo einstellen.“ Positiv sei die generelle Einordnung, dass die Nutzung der Erneuerbaren Energien im „überragenden öffentlichen Interesse“ liege und dass sie „der öffentlichen Sicherheit dient“. Damit werde den Behörden bei der Abwägung zwischen verschiedenen Interessen eine wichtige Entscheidungshilfe an die Hand gegeben, was sich positiv auf Genehmigungsverfahren auswirken könne.
Was ist mit der Bioenergie und der Wasserkraft?
Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) sieht einen wichtigen Schritt zum Aufbruch, aber noch Ergänzungsbedarf. „Das Osterpaket von Robert Habeck ist ein guter Aufschlag, zum großen Wurf muss es im parlamentarischen Verfahren werden“ kommentiert BEE-Präsidentin Dr. Simone Peter. Man sehe quer durch alle Erneuerbaren Energien noch den Bedarf nachzusteuern. Diese Änderungen müssen spätestens mit dem Sommerpaket erfolgen. „Der Entwurf macht deutlich, dass Photovoltaik und Windenergie an Land Leistungsträger der Energiewende sein werden.“ Es brauche die Beschleunigung über alle Erneuerbaren Energien hinweg. Bioenergie ist als stabilisierendes Element im Energiemix unabdingbar, hier fehlen aber noch immer die Anschlussperspektiven.
Das EEG bedeute jedoch einen Rückbaupfad beim heimischen, erneuerbaren Gas. Hier würden Chancen zum kurzfristigen Heben von Potenzialen verpasst. „Bei der Wasserkraft stellt der Kabinettsentwurf de facto eine Schlechterstellung dar. Der jetzige Text ist für die Wasserkraft das Worst Case-Szenario. Die Potenziale der Geothermie werden völlig außer Acht gelassen,“ so Peter.

Geothermie: Genehmigungsverfahren beschleunigen
Helge-Uve Braun, Präsident des Bundesverbandes Geothermie, machte im Rahmen des Geothermie-Experten-Panels deutlich, dass zu lange der Eindruck erweckt wurde, dass es sich im Wesentlichen auf die Umstellung auf Wind- und Solarstromerzeugung beschränkt. Zu bedenken sei daher, dass die Wärmeversorgung in Deutschland rund 40 Prozent der Primärenergie ausmache. „Genau an dieser Stelle sollte die Geothermie ins Spiel gebracht werden, da sie klimaunabhängig, krisensicher, preisstabil und erneuerbar ist. München beispielsweise setzt seit rund 25 Jahren auf den Ausbau von Geothermie. Das könnte und sollte überall in Deutschland so sein.“
„Weitreichendes und mutiges Unterfangen“
Auch die Deutsche Energie-Agentur (dena) äußert sich positiv: „Mit dem Osterpaket legt die Bundesregierung ein umfangreiches Gesetzespaket vor, mit dem ein Teil der ambitionierten Vorgaben des Koalitionsvertrages gesetzlich festgelegt werden sollen. Es ist ein weitreichendes und auch mutiges Unterfangen, das dringend erforderlich ist“, betont Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der dena-Geschäftsführung.
Die skizzierten Maßnahmen würden jedoch nicht ausreichen, um diese Ziele zu erreichen und nach einer hoffentlich intensiven Beratung im Deutschen Bundestag noch eine Reihe Änderungen erfahren. Aber es sei ein neuer Anstoß in der Energie- und Klimapolitik, auf den viele gewartet hätten. Kuhlmann: „Besonders erfreulich ist, dass mit dem Wegfall der EEG-Umlage nun bald eine massive Innovationsbremse für die integrierte Energiewende wegfällt. Das wird viele neue Ideen ermöglichen, neue Technologien fördern, administrativen Aufwand beseitigen und Verbraucherinnen und Verbraucher in den Haushalten sowie insbesondere die mittelständische Industrie entlasten.“
Rückenwind und sonnige Aussichten für die Armaturenbranche
Auf die Armaturenbranche wird mit Blick auf den Ausbau der Windkraft eine willkommene frische Brise zukommen. Armaturen werden in vielerlei Hinsicht nachgefragt – in Turbinen, Umspannplattformen, bei der Onshore-Netzeinspeisung und in Errichterschiffen. Sie werden konkret in Kühlkreisläufen, Feuerlöschanlagen, Druckerhöhungsanlagen, Reinigungsanlagen sowie zur Behälterfüllung und Meerwasserentnahme eingesetzt. Die Anforderungen sind in rauer Umgebung entsprechend hoch: Die Komponenten müssen zum Teil starkem und wechselndem Winddruck sowie schwankenden Temperaturen standhalten. Auch das salzhaltige Meerwasser fordert Werkstoffe und Technologie im Offshore-Bereich heraus. Die Qualität der Armaturen muss also stimmen.
Auch Solaranlagen werden zukünftig verstärkt nachgefragt. Benötigt werden innovative Produkte und Lösungen: Wichtig sind Systemlösungen zur genauen Durchfluss-, Druck- und Temperatursteuerung in Anlagen sowie Dosiersysteme für Prozessmedien.
Das „Osterpaket“ des Bundeskabinetts dürfte also den Herstellern von Armaturen für die Windkraftbranche in den nächsten Jahren kräftigen Rückenwind bescheren – und für die Zulieferer für Photovoltaikanlagen wird die Sonne künftig noch kräftiger scheinen.

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