In den vergangenen vier Jahren hat MRC Global seine Fähigkeiten im Bereich des digitalen Handels erheblich ausgebaut. „Armaturen Welt“ sprach mit Dale Kendall, Vice President of E-commerce bei MRC Global, über die digitalen Bestell- und Integrationsmöglichkeiten des Unternehmens, die Vorteile des digitalen Angebots und die digitale Unterstützung der Beteiligten auf allen Ebenen.
Von Charlie Evans
Strategischer Fokus auf digitalem Handel
„Ich bin vor vier Jahren zu MRC Global gekommen, als wir gerade dabei waren, unsere digitalen Fähigkeiten grundlegend zu stärken“, erklärt Dale Kendall. „Die wachsende Kundennachfrage nach digitalen Lösungen machte deutlich, dass wir unsere Technologie und unsere Fähigkeiten auf den neuesten Stand bringen mussten.“
Kendall entwickelte zusammen mit Executive Sponsor Grant Bates, Senior Vice President – North America Operations & E-Commerce, einen mehrjährigen strategischen Fahrplan für die Entwicklung des E-Commerce bei MRC Global.
„Unsere Roadmap konzentrierte sich auf die Digitalisierung der gesamten Lieferkette, um erstens den digitalen Vertriebskanal auszubauen, zweitens das Kundenerlebnis zu optimieren und drittens die Servicekosten sowohl für unsere Kunden als auch für uns selbst zu senken“, so Kendall weiter. „Wir haben in Software und Ressourcen investiert und mit der Umsetzung des Plans begonnen. Im Jahr 2020 befanden wir uns mitten in der Pandemie und in einem sehr schwierigen und unsicheren wirtschaftlichen Umfeld. Die Entscheidung unserer Unternehmensführung, eine große strategische Initiative zu starten, während viele andere Unternehmen in der Warteschleife hingen, ermöglichte unserem digitalen Programm einen großen Sprung nach vorn.“
Nutzerpräferenzen verlagern sich ins Digitale
Wie bei den meisten Unternehmen war auch bei MRC Global eine allmähliche Verlagerung hin zum Digitalen zu beobachten, „aber die Pandemie hat diesen Trend erheblich beschleunigt“, erläutert Kendall. Die wachsende Bedeutung der Telearbeit hat die Nachfrage nach der digitalen Abwicklung von Geschäften deutlich gesteigert. „Darüber hinaus erlebten sowohl unsere Kunden als auch unser eigenes Unternehmen eine demografische Verschiebung, da viele erfahrene Mitarbeitende während der Pandemie in den Ruhestand gingen und in vielen Fällen durch Zillennials ersetzt wurden, die eher digital eingestellt sind.“
Diese Trends machten es für MRC Global erforderlich, die digitalen Fähigkeiten sowohl für Kunden als auch für die eigenen Beschäftigten zu erweitern. Die digitalen Tools ermöglichen es nun den neuen Teammitgliedern, sich viel schneller einzuarbeiten und den Verlust an Know-how zu mindern.
Digital – Verbesserung und Ergänzung der Kundenbetreuung
„Ein großer Teil unseres Mehrwertes als Vertriebsspezialist liegt in der Vereinfachung der oft sehr komplexen Lieferkette“, erklärt Kendall. In vielen Fällen sei es hilfreich, den Kunden direkt digitale Self-Service-Lösungen anzubieten, „aber einige Schritte im Prozess erfordern den direkten Einsatz und die Expertise unserer Teammitglieder. Unser Ziel ist es, den Kunden dort, wo sie es wünschen, digitale Selbstbedienungsoptionen anzubieten und ihnen einen einfachen Zugang zu den Kenntnissen und zu dem Service unserer Teammitglieder zu ermöglichen. Wir schätzen die Beziehungen zu unseren Kunden und wissen, welchen Mehrwert unser Team liefert. Das wollen wir nicht abschaffen, sondern digital unterstützen“.
Um diese Ziele zu erreichen, konzentriert sich MRC Global auf die Bereitstellung digitaler Lösungen in drei wichtigen Tätigkeitsschwerpunkten. Erstens können Kunden über die digitale Bestell- und Angebotserstellung Aufträge erteilen und Angebote über eine Vielzahl digitaler Kanäle einholen. Der Zugriff auf die MRCGO™-Website erfolgt über den PC, das Mobiltelefon oder über eine kundenspezifische Punchout-Lösung. Darüber hinaus bietet MRC Global direkte kundenspezifische Lösungen mit über 600 Integrationen, die derzeit fast 300 Kunden unterstützen. Auftraggeber können Bestellungen auch direkt in den Lagern an ihren Standorten mit Hilfe von „Scan-Guns“ aufgeben, und bald auch über eine Reihe von Lösungen für die Bestandsverwaltung, einschließlich Standardbehälter, Schränke, Schließfächer und Radiofrequenz-Identifikation (RFID).
Zweitens bietet das Post-Order Account Management von MRC Global den Kunden rund um die Uhr Zugang zu wichtigen Daten, einschließlich Auftragsstatus, Auftragshistorie, Berichten, Rechnungen, Werksprüfberichten (MTR – Mill Test Report), Liefernachweisen (POD) und Expediting, um sie auf dem Laufenden zu halten und zu verbinden.
Schließlich hat MRC Global eine umfassende Reihe interner digitaler Tools entwickelt, um Vertriebs- und Servicemitarbeiter (SSR) und andere Teammitglieder zu unterstützen, damit sie die Kunden mit größerer Effizienz und Genauigkeit bedienen können.
Digitale Service-Plattform
Um diese Ziele zu erreichen, nutzt MRC Global eine ganze Reihe von cloudbasierten Salesforce-Anwendungen. Auf diese Weise soll eine integrierte „digitale Serviceplattform“ sowohl für Kunden als auch für Teammitglieder entwickelt werden.
„Herkömmliche Customer Relationship Management (CRM)-Systeme sind in der Regel ein Tool für das Account Management und die Geschäftsentwicklung, aber wir verwenden unseres in Verbindung mit unserer MRCGO.com-Website, um alle Aspekte der Interaktionen zwischen unseren Kunden und Teammitgliedern digital zu ermöglichen“, erklärt Kendall.
„Wir haben große, komplexe Kunden, und der Einkaufsprozess erfordert oft den Input und die Erfahrung von MRC Global-Teammitgliedern“, so Kendall. „In einigen Fällen handelt es sich um einen einfacheren Einkaufsprozess für Wartung, Reparatur und Betrieb (MRO), bei dem wir die Vertragspreise festlegen und die Kunden eine begrenzte Anzahl von Artikeln bei uns nachbestellen, größtenteils durch Selbstbedienung – entweder durch Integrationen mit ihren Beschaffungssystemen oder direkt im Internet.“
„In vielen Fällen kommt es jedoch zu einem erheblichen Hin und Her zwischen dem Kunden, unseren SSRs und Produktexperten in Bezug auf empfohlene Produkte, Eilaufträge, Antworten auf Angebotsanfragen usw. Unsere Plattform ermöglicht es, all diese Interaktionen in einer einzigen, gemeinsam genutzten Umgebung durchzuführen, die schnelle und genaue Antworten an die Kunden liefert und die Möglichkeit bietet, alle Aspekte dieser Transaktionen zu verfolgen, unabhängig davon, von wem oder von wo sie stammen“, berichtet Kendall.
Digitales Wachstum und messbare Vorteile
Seit der Einführung seiner digitalen Serviceplattform konnte MRC Global eine signifikante Kundenakzeptanz feststellen und zahlreiche Vorteile realisieren.
Rob Saltiel, CEO von MRC Global, hob diesen digitalen Fortschritt in einer kürzlich abgehaltenen Telefonkonferenz hervor: „Unsere digitale Strategie, die vor einigen Jahren begann, entwickelt sich weiter und bringt große Vorteile in Form von zusätzlichen Umsätzen und einem verbesserten Kundenerlebnis. Wir haben eine benutzerfreundliche digitale Kundenserviceplattform entwickelt und implementiert, die neben der Produktbestellung auch Selbstbedienungsfunktionen wie Auftragsabwicklung, Auftragsdokumentation und frühere Auftragshistorien bietet. Diese nützlichen Funktionen sorgen für Effizienz und Kosteneinsparungen für unsere Kunden und für uns, während sie gleichzeitig die Kundenbindung und -loyalität erhöhen.“
„Vor unserer Initiative wurden etwa 45 % unserer Bestellungen in den USA digital abgewickelt. Dieser Anteil ist auf über 66 % gestiegen“, betont Kendall. Der digitale Umsatz sei um 72 % auf über 1,5 Mrd. USD gestiegen. „Darüber hinaus werden jährlich Tausende von Serviceanfragen online bearbeitet, ohne dass ein MRC Global SSR eingeschaltet werden muss.“
Die starken Zuwächse, die MRC Global bei der digitalen Akzeptanz erzielt hat, sind nicht nur ein Ergebnis der technischen Anwendungen, die das Unternehmen erworben und implementiert hat. Kendall: „Unser wertvollstes Kapital ist nicht eine Softwareanwendung, sondern das hochtalentierte und engagierte fachübergreifende Team aus technischen, kaufmännischen und Usability-Ressourcen, das wir zusammengestellt haben. Besonders erwähnenswert ist unser Modell der Einbindung von ‚Digital Adoption Representatives‘ in das E-Commerce-Team.“ Dabei handele es sich um digital orientierte Spezialisten mit umfassender Erfahrung im industriellen Vertrieb – „oft sind die Kandidaten für diese Positionen web-erfahrene SSRs, die in diese Rolle schlüpfen und unsere digitalen Anwendungen sowohl bei Kunden als auch bei internen Nutzern bekannt machen. Ein weiterer Schlüssel zu unserem Erfolg ist, wie intensiv und kontinuierlich wir uns mit internen Nutzern und Kunden austauschen, um die Lösung an die Geschäftsanforderungen anzupassen. Wir sind der Meinung, dass erfolgreiche digitale Lösungen zu 40 % aus Technologie und zu 60 % aus der ständigen Abstimmung mit allen Beteiligten und der Schulung der Anwender bestehen“.
„Anfänglich wurde das E-Commerce-Wachstum durch MRO-Bestellungen getrieben“, so Kendall weiter. „Unsere Kunden aus dem Versorgungsbereich sind ein gutes Beispiel dafür. Sie haben in der Regel eine bestimmte Anzahl von Artikeln, die sie zu vertraglich vereinbarten Preisen kaufen. Wir erstellen für sie einen maßgeschneiderten Katalog mit entsprechenden Preisen und Echtzeit-Bestandsinformationen. Und dann können sie Artikel über unsere Website, eine direkte Integration oder eine benutzerdefinierte Punch-Out-Funktion in MRCGO™ nachbestellen. Das System ist für den elektronischen Handel wie geschaffen. Nahezu 90 % der Bestellungen, die Versorgungsunternehmen bei uns aufgeben, werden digital abgewickelt.“
Nutzung von KI für die Angebotserstellung
MRC Global war bewusst, dass bei den eher projektorientierten Aspekten des Geschäfts noch Potenziale schlummerten. „Innerhalb der digitalen Serviceplattform wurde ein Ökosystem für die Angebotserstellung entwickelt, in dem Kunden Angebote einreichen und einsehen können und SSRs darauf reagieren können“, erklärt Kendall. „Unabhängig davon, wie das Angebot eingeht, wird es ‚digitalisiert‘ und in das System hochgeladen, wo es zur Beantwortung weitergeleitet werden kann – einschließlich der Aufteilung in Unterangebote, die an die richtigen Experten im Unternehmen weitergeleitet werden. All dies wird über Dashboards nachverfolgt, die es den SSRs ermöglichen, zu sehen, dass sie ein Angebot haben, das eine Antwort erfordert. Sie können sehen, wo sich die Angebote befinden, welche bereits abgeschlossen wurden und wie lange die Bearbeitungszeit war.“
„Als Nächstes haben wir mit Hilfe von KI ein automatisiertes Angebotstool entwickelt. Sobald die Angebotsanfrage des Kunden hochgeladen ist, schlägt das System mithilfe von KI entsprechende Produkte von MRC Global vor. Das Tool lernt aus jedem Angebot, auf das wir reagieren, und wird so immer intelligenter und schneller“, so Kendall.
Dadurch könne der Zeitaufwand für größere Angebote von Stunden auf Minuten reduziert und die Genauigkeit verbessert werden – insbesondere bei neuen SSRs. „Durch die deutliche Verkürzung der Reaktionszeit und die Verbesserung der Genauigkeit können die Gewinnmargen gesteigert werden.“
„Im vergangenen September wurden wir eingeladen, auf der Dreamforce, der jährlichen Veranstaltung von Salesforce in San Francisco, einen Vortrag zu halten. Auf der Konferenz gab es großes Interesse und einen starken Fokus auf KI, und wie wir sehen konnten, sind wir definitiv ein Early Adopter im Bereich des industriellen Vertriebs, der KI auf sinnvolle Weise einsetzt“, sagt Kendall.
Blick in die Zukunft
„Wir wollen KI noch stärker für dieses Angebotstool nutzen und suchen nach weiteren Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung bei anderen Aufgaben im Kundenservice, die wir häufig durchführen“, so Kendall weiter. „Uns war schon seit Jahren das Potenzial der KI bewusst, aber erst jetzt ist sie endlich so weit ausgereift, dass wir sie nutzen können, um Tools zu entwickeln, die den Arbeitsaufwand und die Durchlaufzeit erheblich reduzieren und die Genauigkeit verbessern. Die Technologie entwickelt sich rasant weiter, und wir prüfen alle Aspekte unserer Geschäfts- und Back-Office-Abläufe, um sie einzusetzen.“
„Darüber hinaus sind wir derzeit dabei, unsere digitale Serviceplattform in das neue, auf der Oracle Cloud basierende ERP-System von MRC Global zu integrieren, das voraussichtlich Mitte 2025 vollständig implementiert und in Betrieb sein wird.“
„Wir führen auch eine umfassende Reihe an Bestandsverwaltungslösungen ein, einschließlich Schließfächer, Standardbehälter und RFID, die an Standorten der Kunden eingesetzt werden. Und für die Zukunft planen wir, die Integration mit unseren Lieferanten zu vertiefen, um den Kunden mehr Transparenz und eine größere Auswahl zu bieten und die gesamte Lieferkette vollständig zu digitalisieren“, schließt Kendall.
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