Schiffbau nimmt dank LNG Fahrt auf

Der Schiffbau ist auf einem guten Kurs. Laut der jüngsten Konjunkturumfrage der IHK Nord weht wieder der Wind der Zuversicht: „Die Konjunkturaussichten der maritimen Wirtschaft in Deutschland legen im Frühjahr 2023 im Vergleich zum Herbst 2022 vor allem im Schiffbau deutlich zu.“ So verzeichnete das Konjunkturbarometer im Schiffbau ein Plus von über 72 Punkten. LNG ist hier der entscheidende Impulsgeber. Gute Nachrichten auch für die Armaturenbranche.

Bei der IHK Nord-Branchenumfrage schätzen 61 Prozent der befragten Unternehmen die Entwicklung der Geschäftslage günstiger, 32 Prozent gleichbleibend und nur rund sieben Prozent ungünstiger ein. Aber hierauf hat die Branche ein Auge: Wirtschaftliche Risiken sehen die Werften mit Blick auf die Gewinnung von Fachkräften (93 Prozent), die Entwicklung der Arbeitskosten (82 Prozent) sowie die Entwicklung der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (68 Prozent) und Energie- und Rohstoffpreise (58 Prozent).

LNG als Impulsgeber für den Schiffbau

Eine treibende Kraft für die Auftrieb der Schiffbaubranche nimmt LNG ein. So fördert beispielsweise das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mit insgesamt rund 62 Millionen Euro den Bau von drei sogenannten Bunkerschiffen für Liquefied Natural Gas (LNG). Als Bunkerschiffe werden Betankungsschiffe bezeichnet. Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck hatte bereits Ende 2022 Zuwendungsbescheide an die Schiffsgesellschaften einer Kooperation zwischen der Nordic Hamburg Gruppe, Titan Clean Fuels und WESMAR übergeben.

Konkret sollen drei Bunkerschiffe mit einer Kapazität von jeweils 4.500 Kubikmeter gebaut werden, die zur LNG-Versorgung anliegender Schiffe in deutschen und europäischen Seehäfen zum Einsatz kommen sollen. „Das Projektziel ist der Aufbau einer modernen, nachhaltigen Bunkerinfrastruktur für Seeschiffe“, erklärt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Mit der neuen Bunkerinfrastruktur sollen zunächst vorrangig fossiles LNG, Bio-LNG und im weiteren Entwicklungsverlauf auch synthetisches SNG als CO₂ reduzierte bzw. CO₂ neutrale Treibstoffe für Seeschiffe zugänglich gemacht werden. Daneben sind die Bunkerschiffe bereits für eine spätere Bebunkerung von Ammoniak konzipiert und können entsprechend ertüchtigt werden.

Zwei „schwimmenden Tankstellen“ werden bei der deutschen Marine voraussichtlich ab 2025 die Schiffe der Rhön-Klasse ersetzen. Die Tanker der Klasse 707 sind deutlich größer als ihre Vorgänger. Quelle: Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr

Investitionen im militärischen Bereich

Auch im militärischen Bereich sind Investitionen zu verzeichnen. So startete zum Beispiel die Produktion neuer Tankschiffe für die Deutsche Marine. Die zwei „schwimmenden Tankstellen“ werden voraussichtlich ab 2025 die Schiffe der Rhön-Klasse ersetzen. Mit 173 Metern Länge und 20.000 Tonnen Verdrängung sind die Tanker der Klasse 707 nun deutlich größer als ihre Vorgänger.

„Mit dem Fertigungsbeginn der neuen Betriebsstoffversorger ist die Erneuerung unserer Tankschiffe eingeleitet. Wir sorgen damit für die Durchhaltefähigkeit maritimer Einsatzverbände durch militärische Kraftstoffversorgung auf hoher See, erfüllen dabei gleichzeitig auch die aktuellen Umweltschutz-Standards und leisten vor allem einen wesentlichen Beitrag zur Landes- und Bündnisverteidigung“, sagt Annette Lehnigk-Emden, Präsidentin des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw). „Darüber hinaus freue ich mich, dass mit der NVL, aber auch der Meyer Werft, zwei deutsche Werften mit ihrem Know-how wesentlich zum Fähigkeitserhalt beitragen.“

Südkorea gehört auch zu den Gewinnern

Perspektivwechsel: Schiffbauer Südkoreas erhalten laut GTAI (Germany Trade & Invest) rekordhohe Bestellungen für LNG-Tanker. Der Transport von LNG und die Umstellung des Schiffantriebs auf LNG entwickeln sich weltweit zu Impulsgebern für die Branche. 2022 erhielten Südkoreas Werften nach Angaben der Export-Import Bank of Korea (EIB) Aufträge zum Bau von Schiffen über 16,3 Millionen Bruttoregistertonnen (Compensated Gross Tons; CGT). Zwar fiel der Wert laut GTAI damit niedriger aus als im Vorjahr, „dennoch ist das Ergebnis deutlich höher als das Niveau der Bestellungen in den vorherigen Jahren“. Nach Angaben des Ministry of Trade, Industry and Energy (MOTIE) erzielten südkoreanische Schiffbauer einen Anteil von etwa 37 Prozent am weltweiten Auftragseingang im Schiffbau. Damit lag Südkorea wie schon 2021 global auf Rang zwei nach China.

Im Schiffbau legten die Konjunkturaussichten der maritimen Wirtschaft in Deutschland – laut IHK-Umfrage – im Frühjahr 2023 im Vergleich zum Herbst 2022 deutlich zu. Foto: Pixabay

Südkoreas Schiffbau „profitiert von den Änderungen auf dem weltweiten Gasmarkt. Viele europäische Länder, die vor Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine russisches Pipelinegas importiert haben, haben 2022 verstärkt auf Flüssiggas umgestellt“, erläutert GTAI. Das führte zu mehr Bestellungen von Tankern zum Transport von Flüssiggas (LNG-Tanker).

„Von den neuen Aufträgen bei südkoreanischen Werften 2022 wurde gemäß MOTIE-Angaben mit 13,1 Millionen CGT der Großteil mit umweltfreundlicheren Antrieben beauftragt – im Vergleich zum früher üblichen Schweröl“, berichtet GTAI weiter. Die Alternativen waren größtenteils Flüssiggas (92 Prozent LNG und 3 Prozent LPG) sowie vor allem Methanol (5 Prozent). Bei diesen umweltfreundlicheren Antrieben erhielt Südkorea insgesamt mehr als die Hälfte der weltweiten Bestellungen.

Obwohl 2023 weniger Bestellungen prognostiziert werden, ist die Auftragslage der Schiffbauer gut. Alle drei großen Werftkonzerne Südkoreas haben ein Auftragspolster von mehr als drei Jahren. Südkorea steht damit symptomatisch für die globale Entwicklung.

Armaturen für einen leistungsstarken Schiffbau

Global befindet sich der Schiffbau also im Aufschwung. Die Armaturenbranche bietet hier die essentiellen Komponenten, um die wachsende Nachfrage der Schiffbaubranche zu erfüllen. „Die Anzahl der Anfragen für schnelle Ausrüstung von Loading- und Offloading-Anlagen hat signifikant zugenommen“, stellt beispielsweise auch Wilfried Drehmel, Geschäftsführer der Waldemar Pruss Armaturenfabrik, fest. Nordeuropäische Länder benötigen Komponenten für Offloading-Points, der Mittlere Osten für Loading-Points. „Bislang haben wir verschiedene Verdichterstationen mit unseren

Antisurge-Ventilen ausgerüstet. Hier sehen wir in Zukunft noch weitere Bedarfe auf uns zu kommen.“ Aktuell kommen Pruss-Lösungen hauptsächlich bei Verdichterstationen als Schutz für Kompressoren und Regelarmaturen zum Einsatz. Die Armaturen müssen vor allem eine exakte Positionierung bieten und besondere Anforderungen im Hinblick auf Stellqualität und Geschwindigkeit erfüllen.

Der gute Kurs beim Schiffbau ist auch eine gute Nachricht für die Armaturenbranche. Foto: Pixabay

Die Schiffbaubranche nimmt also wieder Fahrt auf – nachdem sie vor einigen Jahren eher eine Ebbe erlebte. Mit an Bord sind zahlreiche hochqualitative Armaturen – die für den leistungsstarken Schiffbau unverzichtbar sind

Michael Vehreschild
Michael betreut die Armaturen Welt als Redakteur. Als ausgebildeter Journalist beschäftigt er sich bereits seit vielen Jahren mit der Industrie und ihren Herausforderungen. Er weiß um die Themen, die die Armaturenbranche beschäftigt, und durchleuchtet sie in seinen Hintergrundberichten und Interviews.

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