von Messe Düsseldorf

Diese Armaturen hinterlassen bei Anwendern einen tiefen Eindruck. Denn Tieftemperaturarmaturen trotzen selbst niedrigsten Celsius-Graden. Eine Stärke, die nicht nur für die Medizin- und Lebensmittelindustrie unverzichtbar ist. Die boomende LNG-Branche kurbelt die Nachfrage zusätzlich an. Investitionen in die Entwicklung von Tieftemperaturarmaturen machen also de facto einen tieferen Sinn.

„Ja, es gibt einen Trend zu Tieftemperaturarmaturen“, bestätigt René Speckmaier, Produktmanager bei Goetze KG Armaturen. Denn jährlich steige der Verbrauch von technischen Gasen. Hierzu zählen Sauerstoff, Stickstoff und Argon sowie die Edelgase Xenon und Krypton, die aus der Luft gewonnen werden. Die hierzu notwendige Zerlegung der Luft in einzelne Bestandteile gelingt wirtschaftlich sinnvoll aber nur durch ein thermisches Trennverfahren. Eine wichtige Komponente für die kryogene Luftzerlegung sind Tieftemperaturarmaturen.

LNG soll die Zukunft sein, sagen nicht wenige Experten. Eine Entwicklung, die zusätzlich den Bedarf von Tieftemperaturarmaturen ankurbelt


Medizintechnik als Motor
Wasserstoff-Mobilität, Medizintechnik sowie der globale Bedarf an Energie und Nahrung erweisen sich als Motor für die Nachfrage nach Komponenten eines kryogenen Verfahrens. Anwendungen wie die Kryotherapie – also der gezielte Einsatz von Kälte, um einen therapeutischen Effekt zu bewirken, zum Beispiel beim Einsatz gegen Krebs – erschließen den Anlagenherstellern neue Geschäftsfelder.
Ein Indiz für den steigenden Bedarf nach Medizintechnologie – und damit letztendlich auch nach passenden Armaturen – ist die zunehmende Zahl der Patente. Laut der Informationsplattform „Medizintechnologie.de“, Herausgeber ist die VDI Technologiezentrum GmbH, boomt die Medizintechnik. Demnach verzeichnete das Europäische Patentamt (EPA) 2015 einen neuen Spitzenwert. Im Vergleich zum Vorjahr seien 1,6 Prozent mehr Anträge von Einzelpersonen, Institutionen und Unternehmen aus der ganzen Welt eingereicht worden. 2015 waren es insgesamt 278.867 Patentanmeldungen (2014: 274.000). Laut „statista“ gehören Deutschland, die USA und Japan zu den führenden Produzenten von Medizintechnik.


Nachfrage der Ernährungsindustrie
Auch die Ernährungsindustrie bleibt für Hersteller und Anbieter von Tieftemperaturarmaturen attraktiv – Tendenz weiter steigend. Beispiel Deutschland: Der Umsatz kletterte hier von 116,9 Milliarden Euro in 1998 auf 168,6 Milliarden Euro in 2016 – macht unterm Strich ein Umsatzwachstum von 44 Prozent. Womit die Ernährungsindustrie einen Anteil von 9,4 Prozent am Gesamtumsatz des Verarbeitenden Gewerbes besitzt.
Ein Trend bei der Nutzung von Tieftemperaturarmaturen ist auch die Kryozerspanung: Um einen hohen Werkzeugverschleiß durch sehr hohe Prozesstemperaturen beispielsweise in der Energiebranche, im Automobilbau und in der Luftfahrt zu vermeiden, können kryogene Verfahren eingesetzt werden.
Hohe Anforderungen
Hinzu kommen die Anwendungen in Tunnelgefrieranlagen, Trockeneisstrahlanlagen, bei der Flüssigstickstoffdosierung, in Tieftemperatur-Mahlverfahren, Bodenvereisungsanlagen, bei N2 für Food- und Pharmaanwendungen, in Anlagen der Kältetechnik und der Halbleiter-Industrie. Der Bedarf steigt beinahe täglich: „Kyrotechnik und die zur Nutzung benötigten Armaturen sind mittlerweile in nahezu allen Branchen anzutreffen“, resümiert Olaf Schulenberg, Technischer Leiter bei Goetze KG Armaturen.
Die Herausforderungen für Armaturen bei kryogenen Verfahren sind groß. Sie müssen für flüssige interne Gase, Sauerstoff und LNG Temperaturen bis zu minus 200 Grad Celsius widerstehen. Bei LiHe (Lithium/Helium) sind Armaturen gar minus 269 Grad Celsius ausgesetzt. Verbreitet sind allerdings „Anwendungen bis zur tiefsten Anwendungstemperatur von tiefkalt verflüssigtem Stickstoff bis minus 196 Grad Celsius“, erläutert Olaf Schulenberg. Andere Luftgase wie Sauerstoff, Argon, Kohlendioxid würden bereits bei höheren Temperaturen flüssig. Verflüssigtes Erdgas (LNG) liege bei minus 163 Grad Celsius. „Daher sind die meisten Armaturen bis minus 200 Grad Celsius ausgelegt.“

Um Erdgas zu verflüssigen, muss das Gas auf rund -160 Grad Celsius durch einen Kälteverdichter gekühlt werden.


Zäh, aber nicht spröde
Besondere Temperaturen benötigen besondere Werkstoffe wie zum Beispiel nichtrostende legierte und hochlegierte Stähle, Nickelbasislegierungen, Kupfer und Kupferlegierungen wie etwa Bronze und Messing. „Diese Werkstoffe weisen bei sehr niedrigen Temperaturen noch ausreichend hohe Zähigkeitseigenschaften auf und neigen nicht zur Versprödung“, betont der technische Leiter von Goetze KG Armaturen.
Auch auf die optimale Auslegung der Armatur achten Hersteller und Anwender. So reicht die Größe, je nach Bauart der Armaturen, von DN6 bis DN300 und größer. Der Druck kann 0,2 bar bis 500 bar und mehr reichen. Entscheidend für die Dimensionierung ist die Anwendung. „Bei der Lagerung tiefkalt verflüssigter Gase ist die Armatur bis maximal 40 bar Druck ausgelegt, bei Kohlendioxid auch bis 80 bar, LNG sogar darüber hinaus“, so Schulenberg.
Passende Armaturenauslegung
Fehler bei der Armaturenauslegung können gravierende Folgen haben. Der Grad der Standardisierung von Anlagen für tiefkalte Gase nimmt zu. „Insbesondere im Hinblick auf die Auswirkungen eines möglicherweise falsch ausgelegten Sicherheitsventils oder einer zu gering dimensionierten Zuleitung ist eine genaue Auslegung der Druckentlastungseinrichtung notwendig“, betont der Armaturenhersteller Herose. Fatal seien Kosten, wenn aufgrund eines falsch dimensionierten Ventils eine nicht geplante Austauschaktion erforderlich würde. „Die Lebensdauer der Sicherheitsventile wird sich deutlich erhöhen, wenn sie im Hinblick auf die maximalen Massenströme für die Brandlast und die minimalen Massenströme bei ausschließlich thermischer Expansion getrennt voneinander ausgelegt werden – was dem normalen Betrieb am nächsten kommt.“
Benötigt werden Armaturen in kryogenen Verfahren in verschiedenster Form, unter anderem Absperrarmaturen und Regelventile mit Handantrieben, pneumatischen und elektrischen Antrieben – als Sitzventile, Klappenarmaturen, Kugelhähne und Schieber. Eingesetzt werden außerdem Sicherheitsarmaturen, Druckregler, Überströmregler, Rückschlagventile, Filter und Druckminderer.

Cryo-Ventile – wie hier von Herose – kommen bei tiefen Temperaturen zum Einsatz.

LNG als Markt der Zukunft
Tieftemperaturarmaturen haben Konjunktur, was nicht zuletzt auch hieran liegt: LNG ist die Zukunft – das sagen nicht wenige Experten. Weltweit betrug die Kapazität 2016 rund 275 Millionen Tonnen. Zu erwarten ist, dass bis 2018 noch weitere 65 Millionen Tonnen hinzukommen. Das Wachstum der LNG-Nachfrage schätzen Experten als verlässlich ein: Bis 2030 wird es „zwischen vier und fünf Prozent pro Jahr liegen und damit doppelt so schnell steigen wie die Nachfrage nach Erdgas“, prognostiziert Maarten Wetselaar, Integrated Gas and New Energies Director von Shell. China und Indien waren die beiden Käufer mit dem höchsten Wachstum. Insgesamt haben sie ihre Importe 2016 um 11,9 Millionen Tonnen gesteigert. China und Indien werden auch weiterhin der Motor hinter dem Nachfragewachstum sein.
Grund für die kletternde globale LNG-Nachfrage ist außerdem der Auftritt von sechs neuen Importländern: Kolumbien, Ägypten, Jamaika, Jordanien, Pakistan und Polen. Mittlerweile ist die Zahl der LNG importierenden Länder auf 35 gestiegen, nach etwa zehn zu Anfang des Jahrhunderts. Daher vermutet Shell, dass zusätzliche Investitionsentscheidungen erforderlich sind, um der wachsenden Nachfrage gerecht werden zu können, die nach 2020 insbesondere aus Asien kommen wird. So habe die chinesische Regierung vorgegeben, dass Erdgas bis 2030 einen Anteil von 15 Prozent im heimischen Energiemix haben soll – 2015 waren es noch fünf Prozent. Hersteller von leistungsfähigen Tieftemperaturarmaturen werden also in Asien einen lukrativen Markt vorfinden.
Effizient und umweltfreundlich
Dass die Aussichten beim LNG günstig sind, kommt nicht von ungefähr. Es hat ein 600 Mal geringeres Volumen als gasförmiges Erdgas. Es kann daher effizienter befördert und gelagert werden. Und es ist vielseitig: LNG eignet sich als Rohstoff und Energiequelle sowie als Kraftstoff für Schiffe und Lkw.
Außerdem zeichnet sich das Flüssigerdgas durch seine Umweltfreundlichkeit gegenüber übrigen fossilen Brennstoffen aus – zum Beispiel beim Betreiben von Schiffen. „LNG enthält weder Schwefel noch Schwermetalle und reduziert den CO2-Ausstoß um 20 bis 30 Prozent sowie den NOX-Ausstoß – Stickstoffmonoxid und Stickstoffdioxid – um rund 90 Prozent im Vergleich zu Schweröl“, berichtet der Armaturenhersteller Herose. Auch wenn es Nachholbedarf beim Aufbau einer flächendeckenden LNG-Infrastruktur gebe und es zum Beispiel noch an einer ausreichenden Zahl von Tankstellen für Schiff fehle, „gehört dem Bau LNG-betriebener Schiffe die Zukunft.“ Auch die Nutzung als Treibstoff für Lkw steigt. So sind Europa zurzeit über 900 LNG-betriebene Lkw im Betrieb.

Safety first
Herose hat das Potenzial von Flüssiggas erkannt und gehört zu den Ausrüstern im LNG-Bereich. Dazu zählen zertifizierte Small Scale-Armaturen mit der Zulassung nach ISO 10479 auf Feuersicherheit. Denn bei diesen Anwendungen heißt es: Safety first!
Die Anforderungen für Armaturen beim LNG sind hoch. „Transportfahrzeuge für tiefkalt verflüssigtes Erdgas sind durch häufiges Befüllen, Transport und Entladung am Zielort größten Belastungen ausgesetzt“, erläutert Herose. Bei der LNG-Lagerung sind Betriebsdauer und Arbeitsleistung sowie Sicherheit und Zuverlässigkeit entscheidend. Außerdem werden auch für die Betankung mit LNG leistungsfähige Armaturen benötigt. Was belegt, wie sehr Tieftemperarmaturen gefordert sind. So viel Tiefgang gibt’s sonst nirgendwo…, außer auf der international führenden Fachmesse Valve World Expo Düsseldorf vom 27. bis 29. 11 2018!

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