Vor einem Jahr berichtete noch die Ludwig-Bölkow-Systemtechnik GmbH (LBST), dass Power-to-Gas (PtG) in Deutschland immer mehr industrielle Anwendungen findet. Damals waren 50 Anlagen mit einer elektrischen Gesamtleistung von rund 50 MW in Betrieb oder Planung. Seitdem wurden weitere PtG-Projekte mit einer Elektrolyseleistung von insgesamt fast 600 MW angekündigt – eine Steigerung um den Faktor 10 innerhalb eines Jahres. Das berichtet nun LBST, ein Beratungsunternehmen für nachhaltige Energieversorgung und Mobilität. Bei der LBST handelt es sich um ein Beteiligungsunternehmen der TÜV SÜD AG.

Mehr als 300 PtG-Projekte bekanntgegeben
PtG wandelt elektrische Energie in Wasserstoff oder durch nachfolgende Synthese in Methan oder in flüssige Energieträger um. „Eine Auswertung der LBST-eigenen PtG-Datenbank zeigt, dass bis Ende 2019 weltweit mehr als 300 PtG-Projekte bekanntgegeben wurden“, erklärt LBST. Allein in den letzten sechs Monaten des vergangenen Jahres seien mehr Kapazitäten angekündigt worden als in den letzten sechs Jahren zusammen. „Mit der wachsenden Anzahl der PtG-Anlagen nimmt auch die Anlagengröße zu.“ Mehrere Elektrolyseure mit einer elektrischen Nennleistung größer als 30 MW sollen in den nächsten Jahren in Deutschland errichtet werden. Bei den Anwendungen steht laut LBST die Sektorenkopplung im Fokus, welche die Strom-, Wärme- und Gasbranche sowie den Mobilitätssektor miteinander verbindet und einen besseren Ausgleich bei Schwankungen der erneuerbaren Energien und der CO₂-reduzierten Mobilität ermöglicht.

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Reallabore der Energiewende
Auch in den Nachbarländern werden größere Anlagen geplant. Allerdings nimmt Deutschland insbesondere mit seinen „Reallaboren der Energiewende“ (Energieforschungsprogramm der Bundesregierung) eine Vorreiterrolle ein. In den „Reallaboren“ werden Wasserstofftechnologien unter realen Bedingungen und im industriellen Maßstab eingesetzt und erprobt. Zudem unterstützt der Bund im Rahmen des „HyLand“-Förderprogramms weitere H2-Regionen in Deutschland. LBST: „Im Dezember 2019 wurden 13 „HyExpert“-Regionen und drei „HyPerfomer“ (Verbund)-Regionen für die Entwicklung von H2-Konzepten bzw. der Umsetzung konkreter Projektkonzepte ausgewählt.“

Kein CO₂ emittiert
Neben der energetischen Nutzung ist Wasserstoff ein umfangreich verwendeter Rohstoff, der beispielsweise in der chemischen, petrochemischen und metallverarbeitenden Industrie eingesetzt wird. Der heute in der deutschen Industrie genutzte Wasserstoff von ca. 50 Millionen Nm³/Tag wird größtenteils aus fossilen Quellen gewonnen („grauer“ Wasserstoff), vor allem aus Erdgas, berichtet LBST. Dabei werden jährlich über 20 Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO₂) freigesetzt. Bei der Wasserstofferzeugung durch Elektrolyse mit Strom aus erneuerbaren Energien („grüner“ Wasserstoff) wird kein CO₂ emittiert. Daher können die deutschen CO₂-Emissionen durch Substitution des heute verwendeten „grauen“ Wasserstoffs erheblich reduziert werden, erläutert LBST. 

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Grüner Wasserstoff langfristig wettbewerbsfähig

Umweltfreundlicher grüner Wasserstoff ist derzeit noch teurer als der aus fossilen Quellen erzeugte. „Die Kosten nähern sich aber durch verbesserte politische und regulatorische Rahmenbedingungen und fallende Kosten für erneuerbaren Strom und für Elektrolyseanlagen zunehmend an“, betont LBST. „Innovative Einsatzfelder des durch PtG erzeugten Wasserstoffs reichen von der Wasserstoffeinspeisung ins Erdgasnetz, mit oder ohne vorherige Methanisierung über die Verwendung von grünem Wasserstoff zur Direktreduktion in der Stahlproduktion und zur Hydrierung in Raffinerien bis zu dessen Einsatz im Verkehrs- und Wärmesektor.“

Armaturen unverzichtbar
Für Power-to-Gas-Anlagen sind Armaturen unverzichtbar. Die Branche kann in vielen Ausprägungen an der Weiterentwicklung dieser Technologie partizipieren. Zum Einsatz kommen Armaturen beispielsweise bei der Wasserelektrolyse, der Rückverwandlung von H2 zu Strom in Gaskraftwerken, bei der Einspeisung von Wasserstoff in das öffentliche Erdgasnetz, bei Tankstellen – inklusive Lieferlogistik –, bei der Methanisierung und bei Brennstoffzellen. Ohne Armaturen sind Fluide wie Wasser, Wasserstoff, Sauerstoff, Methan oder Erdgas nicht zielgerecht handhaben. Aufgrund der vielfältigen Einsatzgebiete und konkreten Aufgabenstellungen kommen alle bekannten Armaturenarten zum Einsatz, also unter anderem Regelventile, Schieber, Kugelhähne, Klappen, Magnetventile, Sicherheitsventile und Kondensatableiter.

Wachstum power to gas

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Hohe Ansprüche
Bei der Wasserelektrolyse werden beispielsweise zur Prozessregelung das zugeleitete Wasser und die entstehenden Gase Wasserstoff und Sauerstoff durch Regelarmaturen wie Druckregler und Durchflussregelventile sowie durch Absperrarmaturen punktgenau gesteuert. In zahlreichen Power-to-Gas-Anwendungen kommen auch Magnetventile zum Einsatz, so zum Beispiel im Umfeld der Brennstoffzelle. Auch Sicherheitsventile spielen eine wichtige Rolle, um unzulässige Überdrücke in Wasserstoff- oder Erdgastanks auszuschließen. Darüber hinaus werden Regelventile, Kondensatableiter und weitere Armaturentypen in Untergrundspeichern und Verdichterstationen sowie der gesamten Gaslogistik verwendet.

An Armaturen im Umfeld von Power-to-Gas werden hohe Ansprüche gestellt. Sie müssen aufgrund der überwiegend gasförmigen Medienphase hohe Anforderungen an die Dichtigkeit erfüllen.

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