Martin Klug, Produktingenieur bei Bormann & Neupert by BS&B, dem deutschen Zweig des weltweiten Systemanbieters für Explosionsschutz und Druckentlastungen, erläutert das Einsatzspektrum der – jetzt FlameSaf genannten – Schutzeinrichtungen.
Von Martin Klug, Produktingenieur FlameSaf, Bormann & Neupert by BS&B
In der Prozessindustrie stehen Sicherheitsverantwortliche vor der Herausforderung, dass sehr wenig Energie ausreichen kann, um eine mit Kohlenwasserstoffen gesättigte Atmosphäre zu entzünden. Bei allen Anwendungen, in denen Öl, Gas oder lösungsmittelhaltige Stoffe verarbeitet werden, ist es darum ein immer wiederkehrendes, hochsicherheitsrelevantes Thema, Zündgefahren wirkungsvoll entgegenzuwirken.
Ein Feuer entsteht schnell, wenn bereits zwei kritische Auslöser in Form des entzündlichen Prozessmediums als Brennstoff und in Form von Sauerstoff als Teil der Umgebungsluft vorhanden sind. Häufige Risikoquellen sind trivial – etwa statische Aufladungen oder fehlerhafte Elektrogeräte, aber auch Auswirkungen von unvorhergesehenen Naturereignissen wie Blitzeinschlägen.
Oft erhöhen zwei weitere Kriterien die Feuergefahr sogar noch zur Explosionsgefahr. Bei der starken Vermischung der zündfähigen Medien mit Sauerstoff, wie sie in der Prozesstechnik meist vorkommt, dehnen sich Flammen extrem schnell aus. In geschlossenen Leitungen oder Behältern entsteht dann ein Druckanstieg mit erheblicher Zerstörungskraft. Je nach Anlagenlayout kann die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Flammen bis über Schallgeschwindigkeit ansteigen und sich zu einer Detonation mit Drücken von mehr als 30 bar entwickeln. Ein Druckniveau, dem Tank- und Rohrsysteme nicht standhalten können. Eine erhebliche Beschädigung der gesamten Anlage und eine große Gesundheitsgefahr für die Mitarbeiter wären die Folge. Wie können Anlagenbetreiber dem also sicher und zugleich wirtschaftlich vorbeugen und verantwortungsvoll mit dem Risiko bei der Verarbeitung leicht entzündlicher Medien umgehen?
Vermeidung zündfähiger Atmosphären oft unmöglich
Ein primärer Explosionsschutz, also das vollständige Vermeiden einer entzündlichen Atmosphäre ist im industriellen Umfeld kaum mit angemessenem Aufwand realisierbar oder sogar schlicht unmöglich. Zur Veranschaulichung: Enthält das Prozessmedium Wasserstoff, verursacht dieser bei nahezu jeder Raumluftkonzentration – von 4 bis 75 Prozent – eine entzündliche Atmosphäre. Sicherheitsverantwortliche sind also auf technische Lösungen angewiesen, die das Risiko einer Explosion eindämmen. Für Rohrleitungssysteme im Niederdruckbereich haben sich Flammensperren, wie Bormann & Neupert by BS&B sie mit FlameSaf jetzt anbietet, bewährt. Bis zur Integration des bisherigen Herstellers RMG in das weltweite Netzwerk von BS&B Safety Systems wurden die Sicherheitsarmaturen in Deutschland gefertigt; aktuell erfolgt die Produktion nach denselben Sicherheits- und Qualitätskriterien in Irland.
Diese Flammensperren stoppen zuverlässig die Ausbreitung einer Flammenfront in Leitungen und kühlen das entzündete Medium dabei sofort auf eine Temperatur unterhalb seines Brennpunkts ab. Als unüberwindbare bidirektional wirkende Schranke schützen sie vor den Auswirkungen einer Explosion und entschärfen so Risiken effektiv.
In ihrem Inneren verfügen FlameSaf über gewickelte Sperrelemente mit zahlreichen kleinen Spalten, durch die das gas- oder dampfförmige Prozessmedium im Regulärbetrieb nahezu ungehindert und ohne relevanten Druckverlust hindurchströmen kann. Entscheidend für den Durchfluss und die Sicherheit der Armatur ist die anwendungsspezifische Auslegung. Dabei gilt es, Kriterien wie die Einwirkdauer der Flammen zu beachten. Es stehen Versionen für Kurz- sowie für Dauerbrand zur Verfügung. Auch die Ausbreitungsgeschwindigkeit – Über- oder Unterschall – beeinflusst den Aufbau der Flammensperren. In jedem Fall erfordert die Auswahl der richtigen Ausführung Fachwissen und Erfahrung.
Kombinierter Schutz vor Unter- und Überdrücken in geschlossenen Anlagen
Neben den Versionen zum Einbau in Leitungen bietet Bormann & Neupert by BS&B auch FlameSaf-Varianten, die als Endarmaturen ausgeführt sind und verhindern, dass Flammen aus geschlossenen Systemen in die Umgebung austreten. Hier bietet sich die Kombination mit einer Entlüftung an, denn auch unerwünschte Unter- und Überdrücke bergen ein Risiko für geschlossene Behältersysteme. Sie entstehen etwa durch die witterungsbedingten Temperaturschwankungen, denen Anlagen in Außenbereichen ausgesetzt sind – auch in gemäßigten Klimazonen muss mit Temperaturen von -20 bis zu +50° Celsius gerechnet werden. Daraus resultieren Druckschwankungen von bis zu 0,1 Bar im Inneren der Behälter, die nur für wenige Millibar Über- oder Unterdruck ausgelegt sind. Sichere und präzise Systeme zum Druckausgleich sind also unverzichtbar.
Herkömmliche Entlüftungen gleichen dabei entweder nur Über- oder nur Unterdruck aus – mit ihnen sind infolgedessen immer zwei separate Bauteile erforderlich. Die notwendige Installation an der Oberseite kann dann zu einer übermäßigen Gewichtbelastung des Behälters führen. Kombinierte Lösungen zum Druckausgleich – inklusive Flammensperre – sind entschieden leichter. Zudem ist nur ein Anschluss zum Behälter nötig. So reduzieren sich Montageaufwand und das Risiko von Leckagen.
Strenge Richtlinien
Für Flammensperren existiert eine Vielzahl von Richtlinien und Standards, deren Einhaltung je nach Anwendung und Einsatzort gefordert ist. Die strengsten Vorgaben macht aktuell die europäische EN/ISO 16852 in der 2016er Version. Sie verlangt vom Hersteller ausgiebige Tests für Produkte, die in explosionsgefährdeten Umgebungen eingesetzt werden. Doch auch die Richtlinien der nordamerikanischen NFPA oder des API stellen hohe Anforderungen – etwa an die technische Dichtigkeit von Entlüftungen und Flammensperren bei Drücken nahe dem Ansprechwert. Ziel ist neben dem Schutz von Mensch und Material, die Umwelt vor dem Austritt von Gasen und Dämpfen zu schützen.
Ebenso sind Vorgaben für Wartung und regelmäßige Prüfung der Schutzeinrichtungen Teil aller relevanten Vorschriften. Denn Beschädigungen und Verschmutzungen beeinflussen die sichere Funktion sowohl bezogen auf den Ansprechfall wie auch auf die Durchflussraten im Regulärbetrieb. Hintergrund der Vorgaben ist, dass sich kohlenwasserstoffhaltige Prozessmedien mit der Zeit auf den Sperrelementen ablagern und dort einen Schmutzfilm bilden. Auch die Anbieter wie Bormann & Neupert by BS&B empfehlen die regelmäßige Prüfung ihrer Bauteile. Des Weiteren ist eine kontinuierliche Überwachung von Druck- und Temperaturverlauf an den Armaturen möglich. Diese Parameter erlauben präzise Rückschlüsse auf den Zustand; automatisierte Alarmsysteme warnen den Betreiber bei kritischen Abweichungen vom Normzustand frühzeitig. Sinnvoll, wenn die Flammensperren dazu bereits für den Einsatz von Sensoren ausgelegt und vorbereitet sind.
Welche Variante und Auslegung in der jeweils spezifischen Anwendung die beste – langfristig sicherste und wirtschaftlichste – Lösung ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. „One size fits all“ ist bei Flammensperren in explosionsgefährdeten Industrieumgebungen unmöglich. Nur Fachleute können die individuell richtige Antwort geben. Auch muss beachtet werden, dass sich Umgebungs- und Prozessbedingungen mit der Zeit verändern können und die Effektivität und Auslegung der wartungsarmen Schutzeinrichtungen im Sinne der Sicherheit periodisch geprüft werden sollten. Dann bleiben Funktionalität und Zuverlässigkeit dauerhaft gewährleistet.