Auch der Lebensmittelindustrie machen geopolitische Unsicherheiten, Materialengpässe und ein zunehmender Fachkräftemangel zu schaffen. Die sich daraus ergebenden Herausforderungen wird sie meistern – auch dank intelligenter, effizienter Armaturen und Antriebe. Und letztlich auch aufgrund dieser Entwicklung: In den nächsten 15 Jahren wird der Nahrungsmittelmarkt um 40 Prozent wachsen.
Mit einer gewissen Sorge betrachtet die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) die aktuelle Situation: Die deutsche Ernährungsindustrie musste im August 2024 einen deutlichen preisbereinigten Absatzverlust von 4,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat hinnehmen. Die Umsatzzahlen der Lebensmittelhersteller beliefen sich insgesamt auf 19,1 Milliarden Euro, was einem nominalen Rückgang von 2,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Zudem zeigten die neuesten Daten zum ifo-Geschäftsklimaindex für Oktober „abermals eine deutliche Verschlechterung der Stimmung“, bilanziert die BVE.
Positive Signale in herausfordernden Zeiten
Dennoch – es gibt auch einige positive Signale. So steigerte beispielsweise Krones nach eigenen Angaben Umsatz und Ertragskraft in den ersten drei Quartalen 2024 deutlich. In den ersten neun Monaten 2024 erhöhte das Unternehmen, das Prozesstechnik, Fülltechnik und Verpackungsmaschinen für die Getränkeindustrie und Nahrungsmittelhersteller entwickelt und herstellt, die Erlöse im Vergleich zum Vorjahr um 11,2 % auf 3.874,8 Mio. Euro – und liegt damit innerhalb der Wachstumsprognose für das Gesamtjahr 2024. Dabei setzte sich das starke Umsatzwachstum von Krones im dritten Quartal 2024 fort. Mit 1.318,7 Mio. Euro legten die Erlöse im Vergleich zum Vorjahr (1.164,7 Mio. Euro) um 13,2 % zu. Dazu trugen laut Krones die „gute Auslastung sowie die gestiegene Effizienz“ des Unternehmens bei.
Optimismus herrscht auch bei GEA vor. Der Systemanbieter für die Nahrungsmittel-, Getränke- und Pharmaindustrie setzte auch im dritten Quartal seinen profitablen Wachstumskurs weiter fort. Der Auftragseingang konnte organisch gegenüber dem Vorjahresquartal deutlich um 6,6 Prozent auf 1.301 Mio. Euro gesteigert werden. Der Umsatz reduzierte sich leicht um 1,3 Prozent auf 3.914,4 Mio. Euro. GEA: „Organisch zeigte sich dagegen ein Wachstum von 1,9 Prozent.“
Veränderte Ernährungsgewohnheiten
Erfolgreich können die Ernährungsindustrie und ihrer Zulieferer künftig aber nur sein, wenn sie die Entwicklungen genauestens beobachten und mit geeigneten Strategien hierauf reagieren. Zumal es eine Zeitenwende bei den Ernährungsgewohnheiten gibt – vielfältige Essens- und Getränkeangebote sind heute auf den Speisekarten der Gastronomie und auf dem Essenstisch in den heimischen Wänden Trumpf.
Der Verbraucherwunsch nach einer vielseitigen Ernährung spiegelt sich auch in den Anforderungen neuerer Produktionsanlagen wider. Sie werden flexibler und modularer, da die Hersteller neue Märkte für sich entdecken. „Die Herausforderungen, die sich daraus für die Produktionsanlage ergeben, gilt es zu lösen“, betont Bürkert Fluid Control Systems. Das Unternehmen bietet modulare Ventilkonzepte und eine hohe Variantenvielfalt.
„Das hygienische Design unserer Ventile stellt sicher, dass der Reinigungsprozess bei einem Chargenwechsel möglichst schnell und energiesparend durchgeführt werden kann“, erläutert Bürkert. Bei Membranventilen mit Tube Valve Body verkürze sich zudem nicht nur der Reinigungsvorgang. Auch während der Produktionsphase würden Aufheiz- bzw. Abkühlvorgänge zeitlich reduziert. „Dadurch sinkt der Energieverbrauch für den Anlagenbetreiber, während die Ausbringungsmenge der Anlage gesteigert wird.“
Mehr Flexibilität bei Produktionsprozessen
Alfa Laval stellt ebenfalls eine deutliche Verschiebung hin zu mehr Flexibilität in den Produktionsprozessen fest, da die Anlagen jetzt zunehmend verschiedene Geschmacksrichtungen und Verpackungsgrößen verarbeiten. Eine Entwicklung, auf die Lieferanten reagieren. Indem sie auch „auch intelligente Ventilsteuerungen nutzen, die zur Optimierung der Produktion beitragen. Sie stellen Echtzeitdaten bereit, um die Effizienz zu verbessern, Ausfallzeiten zu reduzieren und den Übergang von manuellen zu automatisierten Prozessen zu unterstützen“, erläutert Alfa Laval. Diese erhöhte Flexibilität in Verbindung mit der Automatisierung helfe den Herstellern, sich an die wachsende Komplexität der Produktion anzupassen und gleichzeitig die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.
Mit neuen Rezepturen nehmen die Herausforderungen zu – wie zum Beispiel durch höhere Drücke, Temperaturen und manchmal aggressivere Zutaten. Alfa Laval: „Darüber hinaus erfordern unterschiedliche Partikelgrößen, Fasern und andere Materialien in diesen Rezepten Ventile, die flexibel genug sind, um solche Komplexitäten zu bewältigen.“ In vielen Fällen bedeute dies, dass spezielle Dichtungen, Stahlarten und Ventile mit besonderen Konstruktionen zu verwenden sind. Sie müssen in der Lage sein, Partikel und Fasern zu handhaben, und/oder über zusätzliche Reinigungsfunktionen verfügen, um einen zuverlässigen Betrieb in einem breiten Spektrum von Rezepturen zu gewährleisten. „Bei unseren Ventilen konzentrieren wir uns darauf, Lösungen anzubieten, die diese unterschiedlichen Anforderungen erfüllen und gleichzeitig ein Höchstmaß an Hygiene und Leistung gewährleisten“, betont Alfa Laval.
Lebensmittelherstellung immer umweltfreundlicher
Die Herstellung von Lebensmitteln und Getränken ist weiter umweltfreundlicher zu gestalten, deren CO₂-Fußabdruck gilt es zu senken. Dazu müssen Prozesse optimiert, Verpackungen ökologischer gestaltet und neue Technologien genutzt werden. „Moderne, effiziente Armaturen können einen wichtigen Beitrag zur Ressourcenschonung leisten, etwa durch präzise Dosierung, verbesserte Reinigungsfähigkeit und Energieeinsparungen“, betont Stefanie Sabet, Geschäftsführerin der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) und Leiterin des Büros Brüssel. Zudem unterstützen Armaturen die Prozesssicherheit und Produktqualität. „Die Lebensmittelindustrie ist also auf innovative Armaturenlösungen angewiesen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.“
Die Digitalisierung und die Künstliche Intelligenz bieten große Potenziale für die Lebensmittelindustrie. Stefanie Sabet von der BVE: „Sie ermöglichen Effizienzsteigerungen in Produktion und Logistik, unterstützen die Entwicklung neuer Produkte und Geschäftsmodelle, verbessern Planung, Rückverfolgbarkeit und Qualitätssicherung und schaffen neue Möglichkeiten der Kundeninteraktion. Wir setzen uns seit Langem dafür ein, Produktinformationen auf einem digital lesbaren Etikett auf Erzeugnissen anzubringen, um den gesetzlichen Anforderungen, aber auch den umfangreichen Informationsbedürfnissen der Verbraucher nachzukommen.“
Künstliche Intelligenz für noch mehr Effizienz
Auf den Einsatz Künstlicher Intelligenz greift bereits beispielsweise Krones zurück: Das Unternehmen hat eine KI-basierte Kontrolleinheit entwickelt, die mit Hilfe eines Maschine-Learning-Modells aus den gemessenen Sensordaten automatisch den optimalen Kesseldruck berechnet und so die gewünschte Füllhöhe mit hoher Effizienz und Genauigkeit erreicht. Auch wird die Füllhöhe im laufenden Betrieb automatisch angepasst, wodurch sich die Zahl manueller Eingriffe verringert. Je effizienter eine Anlage auch dank Armaturen, Antriebe, Automation und Messtechnik arbeitet, umso größer ist die Wettbewerbsfähigkeit der Ernährungsindustrie.
Es wird deutlich, dass die Ventile an komplexere und Betriebsbedingungen anzupassen sind, wie beispielsweise schnelle Prozessänderungen, aggressivere Inhaltsstoffe und ein stärkerer Fokus auf die Einsparung von Wasser, Energie und Chemikalien im Sinne der Nachhaltigkeit. Oder anders gesagt: Nie war es wichtiger, besonders flexibel zu sein. Diesen Weg mitzugehen, lohnt sich, denn in den nächsten 15 Jahren wird der Nahrungsmittelmarkt um 40 Prozent wachsen.
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